Nazi als Spion entarnt

Bei einer Razzia gegen Rechtsextremisten wurde auch Brandenburger V-Mann verhaftet. Brandenburgs Innenministerium klagt über das Fehlen von Absprachen mit Berlin

Das Brandenburger Innenministerium kritisiert das Vorgehen der Berliner Ermittlungsbehörden gegen die rechtsradikale Musikszene. Eine am vorvergangenen Wochenende vollzogene Razzia sei „zu keinem Zeitpunkt mit den zuständigen Behörden des Landes Brandenburg abgestimmt und koordiniert“ worden, bemängelte Sprecher Heiko Homburg am Wochenende in Potsdam. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Focus war bei der Razzia auch ein V-Mann des brandenburgischen Verfassungsschutzes verhaftet worden sei. Der stellvertretende Sprecher der Berliner Senatsinnenverwaltung, Peter Fleischmann, lehnte am Sonntag mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen eine Stellungnahme ab.

Nach Angaben von Focus hat sich der 27-jährige Thilo S. aus Cottbus bei den Vernehmungen selbst als Spitzel des Innenministeriums enttarnt. Die LKA-Fahnder seien aber bereits vorher durch monatelange Observationen auf die konspirativen Verbindungen von S. gestoßen.

Bei der Razzia vor einer Woche waren Gebäude und Autos in Berlin, Brandenburg, Sachsen und Nordrhein-Westfalen durchsucht und ein halbes Dutzend Personen festgenommen worden. Hintergrund der Aktion war die bereits im Jahr 2001 erschienene CD „Noten des Hasses“ der „White Aryan Rebels“, die zur Ermordung des Vizepräsidenten des Zentralrates der Juden, Michel Friedman, und weiterer Prominenter aufruft. Im Mai sollen 3.000 Exemplare dieser CD in Osteuropa nachgedruckt worden sein. Drei in U-Haft genommene Personen sollen für den Nachdruck verantwortlich sein.

Thilo S. gilt laut Focus als einziges festes Mitglied der Band. Ein Textilgeschäft von S. in Guben soll als Tarnadresse für die CD-Lieferung gedient haben. Die Festnahme von S. habe im Potsdamer Innenministerium große Unruhe ausgelöst. Minister Jörg Schönbohm (CDU) befürchte einen unangenehmen Geheimdienstskandal, hieß es.

Homburg bedauerte die „fortlaufende und schwerwiegende Indiskretion aus einem in Berlin anhängigen noch schwebenden Ermittlungsverfahren“. Er räumte ein, dass „eine Informationsquelle der brandenburgischen Sicherheitsbehörden“ angehalten wurde, „ihr gesamtes Wissen in das Verfahren einzubringen“. Die Person sei aber nicht Chef einer gefährlichen Neonazi-Band.

Dass die Razzia nicht mit Brandenburg abgestimmt wurde, sei um so bedauerlicher, als der Brandenburger Verfassungsschutz in Zusammenarbeit mit dem Bund und weiteren Ländern die internationalen Verflechtungen der Produktions- und Vertriebsstrukturen rechtsextremistischer Tonträger aufgeklärt habe. Nun sei ein Ermittlungserfolg „massiv gefährdet“ worden, betonte der Sprecher. Die Ermittlungen hätten sich gegen die „eigentlichen Hintermänner und Großverdiener“ gerichtet. DDP