Machtkampf mit harten Bandagen

Serbiens Regierungsbündnis DOS schließt Partei von Bundespräsident Koštunica aus und wirft sie aus dem Parlament

BELGRAD taz ■ Das Präsidium der in Serbien regierenden Koalition DOS hat am Wochenende unter der Federführung von Premier Zoran Djindjić entschieden, die Demokratische Partei Serbiens (DSS) von Bundespräsident Vojislav Koštunica aus dem Bündnis auszuschließen und ihr alle Mandate im serbischen Parlament zu entziehen. Diese Entscheidung soll das Parlament heute in einer Sondersitzung absegnen.

„Die DSS wollte es so, sie hat die regierende Koalition vor Monaten selbst verlassen“, bemerkte Nenad Canak, Chef der Sozialdemokraten aus der Vojvodina. So ist die Partei Koštunicas, unter dessen Fahne und dank dessen Popularität die DOS die Parlamentswahlen 2000 überlegen gewonnen und das Regime Milošević zum Sturz gebracht hatte – endgültig in die Opposition getrieben worden.

Den „kompromisslosen“ Kampf um die Mehrheit im Parlament hat Djindjić bereits vor Monaten begonnen. Mit der Begründung, DSS-Abgeordnete würden die Sitzungen „schwänzen“ und somit die Arbeit blockieren, entzog die Mehrheit der DOS der DSS 21 Mandate. Aus Protest zog die DSS ihre Vertreter aus der Regierung zurück. Die Klage der DSS und Koštunicas „gegen die Willkür und Missachtung der Gesetze“ ging bis zum Bundesverfassungsgericht, das ein Urteil zu ihren Gunsten fällte. Das Urteil sei normalerweise verpflichtend, meinte der Vorsitzende der Verfassungsgerichts, Momcilo Grubac, die Durchsetzung hinge aber vom politischen Willen ab. Doch der fehlt. So wollen Djindjić, seine Regierung und die Parlamentsmehrheit das Urteil ignorieren und ihren Willen im Parlament durchsetzen.

Viel Mühe, Argumente für das gewagte Eliminieren der DSS aus dem Parlamentsleben vorzubringen, gab man sich nicht. Die DOS habe das Recht über die Mandate der DSS zu verfügen, konnte man hören, das Verfassungsgericht sei für diese Problematik nicht zuständig. Als einen „Staatsstreich“ bezeichnen hingegen die DSS und Koštunica dieses Vorgehen, als „Attacke auf die höchsten staatlichen Institutionen und den Rechtsstaat“. Die DSS kündigte den Kampf mit „allen verfügbaren, legalen Mitteln“ an. Man werde nicht zulassen, dass Djindjić durch „Mafiamethoden“, wie seinerzeit Slobodan Milošević den Willen der Wähler fälsche und den Rechtsstaat dem Spott preisgebe.

Immer mehr zeichnet sich in Serbien ein heißer politischer Herbst ab. Seine Gegner werfen Djindjić vor, sich zwar andere Ziele gesetzt zu haben, doch mit die „gleichen Machtmethoden wie Milošević zu regieren“. Sollte Koštunica, wie allgemein erwartet wird, für die Präsidentschaftswahlen Ende September kandidieren, wird diese Wahl zu einem Referendum „für“ oder „gegen“ Djindjić, der die Exekutive in Serbien fest in seiner Hand hält und von vorgezogenen Parlamentswahlen nichts hören will. ANDREJ IVANJI