NPD-VERBOTSVERFAHREN: INNENMINISTER MIT HILFLOSEN VORSCHLÄGEN
: Unerträgliche Einschränkung

Das NPD-Verbotsverfahren steckt in der Klemme. Die Antragsteller kommen weder in die Offensive, noch wollen sie die Anträge zurücknehmen. Ihre Angebote, etwa die Vernehmung von V-Leuten durch einen „beauftragten Richter“ unter Ausschluss der NPD, sind hilflos und können vom Bundesverfassungsgericht nicht akzeptiert werden.

Zunächst ist daran zu erinnern, warum die V-Mann-Frage für das Verbotsverfahren entscheidend ist: Im Raum steht weniger der Verdacht, dass der Staat durch beauftragte Agents Provocateurs gezielt Straftaten in die NPD hineingetragen hat. Möglich ist aber, dass die Spitzel hier und da übertrieben haben, um Anerkennung und vielleicht auch mehr Honorar zu bekommen. Schließlich ist der V-Mann für einen Geheimdienst umso wertvoller, je mehr brisante Informationen er liefert.

Soweit die Spitzel in Spitzenpositionen waren, konnten sie durch ihre Aktivität das Interesse der staatlichen Behöden an der NPD steigern oder innerparteiliche Rechnungen begleichen, indem sie gezielt politische Konkurrenten beim Verfassungsschutz anschwärzen. Aus diesen Gründen will das Bundesverfassungsgericht wissen, mit wem und mit wie vielen V-Leuten der Staat innerhalb der NPD zusammengearbeitet hat.

Dass die Antragsteller nun offiziell mitgeteilt haben, bis zu 15 Prozent der NPD-Spitzenleute würden zugleich für den Staat arbeiten, ist sicher eine hilfreiche Information. Möglicherweise genügt sie schon, um das Verfahren einzustellen. Karlsruhe hätte es im Herbst wohl kaum eröffnet, wäre damals schon bekannt gewesen, dass jedes siebte Vorstandsmitglied ein Spitzel ist. Wenig sinnvoll sind die Vorschläge der Antragsteller, man sei bereit, dem Gericht weitere V-Mann-Namen mitzuteilen, wenn sie der NPD vorenthalten bleiben. Zum einen sind diese Vorschläge rechtswidrig. Das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht gibt der NPD ein Anwesenheitsrecht bei jeder Beweisaufnahme sowie ein Recht auf Akteneinsicht. Ausnahmen sind nicht vorgesehen und wären im Rechtsstaat wohl auch kaum zu begründen.

Zum anderen geht aber auch der häufig gehörte Verweis auf V-Mann-Vernehmungen im Strafprozess fehl. Hier ist zumindest bekannt, welche Aussagen von anonymen V-Leuten stammen und deshalb mit Vorsicht zu behandeln sind. Im NPD-Verfahren ist die Situation jedoch genau umgekehrt. Die Aussagen sind bereits bekannt und stehen in den Anträgen, die Innenminister wollen aber, dass die NPD nicht erfährt, welche Informationen von V-Leuten stammen. Da es hierauf im Verbotsverfahren aber gerade ankommt, wäre die Verteidigung der NPD unerträglich eingeschränkt.

CHRISTIAN RATH