Schusssicherer Modellversuch

Eine Welt aus Glas: Die Gesundheitsbehörde präsentiert die Container am Högerdamm, in denen die Heroinambulanz eröffnet wird – ÄrztInnen, PflegerInnen und SozialarbeiterInnen arbeiten unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen

„Erfahrungen in der Schweiz haben gezeigt, dass es machbar ist.“

von ELKE SPANNER

Auf den ersten Blick erinnert es an den Schalter einer Bank. Ein Raum im Raum, abgetrennt durch schusssicheres Glas. Direkter Kontakt mit der darin sitzenden Person ist ausgeschlossen, die Übergabe von Gegenständen ist nur durch eine Sicherheitsklappe möglich. Außerdem werden stets zwei Personen zur Überwachung anwesend sein, und betreten darf das Behandlungszimmer ohnehin nur, wer zuvor über Mikrofon aufgerufen worden ist. Denn was am Schalter ausgegeben wird, ist Bares wert: Diamorphin, chemisch erzeugtes Heroin. Gestern präsentierte die Gesundheitsbehörde die Container am Högerdamm hinter dem Hauptbahnhof, in denen Ende August der Modellversuch zur kontrollierten Heroinabgabe starten wird.

Die Ausgabestelle ist das Herzstück der zweistöckigen Container, in denen zahlreiche Aufenthaltsräume, Behandlungs- und Besprechungszimmer untergebracht sind. Hinter dem hochgesicherten Schalter wird ab Ende August jeweils die Tagesdosis der insgesamt 230 ProbandInnen bereitliegen, in bereits aufgezogenen Spritzen, welche die Junkies sich dann selbst injizieren – an Tischen mit durchsichtiger Glasplatte, damit nirgends Stoff versteckt werden kann.

Sicherheit war ein oberstes Primat bei der Planung der Container, die von der städtischen Sprinkenhof AG errichtet wurden. Neben der Ausgabestelle ist vor allem auch der Raum vollkommen abgeschottet, in dem das Heroin gelagert wird. Der hat kein Fenster nach außen und ist ebenfalls in schusssicheres Glas eingefasst. Der Transport des Stoffes vom Tresor- zum Ausgaberaum wird zu Zeiten erfolgen, an denen außer den MitarbeiterInnen niemand im Hause ist. Das Heroin wird von einer Arzneimittelfirma hergestellt und angeliefert.

Die Heroinambulanz wird täglich von 7.30 Uhr bis 22 Uhr geöffnet haben. Dreimal täglich, so die Planung, werden die ProbandInnen zum Konsum an den Högersdamm kommen. Darauf ist das Projekt räumlich und personell eingerichtet. Erfahrungen mit der kontrollierten Heroinausgabe in der Schweiz hätten aber gezeigt, so die Drogenbeauftragte Christina Baumeister, dass die KonsumentInnen schnell auf zwei Konsumeinheiten am Tag runterdosiert werden könnten.

Neuneinhalb ÄrztInnen, 21 Pflegekräfte und 14 SozialarbeiterInnen werden in der Heroinambulanz arbeiten. Geleitet wird sie von der Ärztin Karin Bonorden-Kleij, die bereits auf langjährige Erfahrung mit Drogenabhängigen zurückblicken kann. Sie hat zuvor in der Suchttherapie am Klinikum Nord gearbeitet. Dort hatte Bonorden-Kleij 1989 die bundesweit erste niedrigschwellige Entgiftungsstation mit aufgebaut. Die Medizinerin zeigt sich optimistisch, den Arzneimittelversuch zum Erfolg führen zu können. Die 51-Jährige verweist ebenfalls auf die positiven Resultate aus der Schweiz und den Niederlanden: „Die kontrollierte Ausgabe von Suchtmitteln ist machbar.“

Sie hofft, mit dem Hamburger Pilotprojekt die Zulassung von Diamorphin als Arzneimittel erreichen zu können, so dass dieses auf Dauer einer weit größeren Zahl von Abhängigen verabreicht werden kann.