Was darf es sein, mein Gnädigster?

Heute vor einem Jahr wurde die „Homo-Ehe“ zum Gesetz. Seither wird versucht, die „Gatten-Frage“ zu lösen

Seit dem 1. August 2001 haben wir ein Problem. Wir, das sind, nun ja – genau an diesem Punkt beginnt das Problem. „Mein Gatte und ich“, habe ich früher immer gesagt, und auch er stellte mich als seinen Gatten vor. Nur gegenüber humorbegabten Fremden wählte er bisweilen den lieblichen Begriff „Lieblingsmensch“. „Gatte“ erschien uns gut. Es brachte eine schöne Verbindlichkeit ebenso zum Ausdruck wie eine gesunde Ironie gegenüber staatlich getragener Zweisamkeitsveredelung. Doch seit einem Jahr gibt es die Homo-Ehe, gerade eben vom Bundesverfassungsgericht noch einmal bestätigt, und wer „Gatte“ sagt, gerät nun schnell in Verdacht, sich dieses Instituts bedient zu haben. Die Ironie ist futsch.

Die Ironie ist natürlich nicht futsch. Sie wird nur seltener verstanden. Wir sagen selbstverständlich weiter „Gatte“, denn was bleibt uns übrig? „Mein Mann“ geht vielleicht mal zur Abwechslung, enthält aber noch weniger Witz und bringt uns ebenfalls in Verpartnerungsverdacht. „Mein Freund“ – das klingt eben nach Freundschaft, wenig eindeutig. „Lebensgefährte“ hat etwas von „vierbeiniger Freund“, und „Gefährte“ riecht auch recht streng nach Pfadfinderlagerfeuer. „Mein Partner“? Wir sind doch keine Firma! Ein „Lebensabschnittspartner“ gar wird nur von Menschen erwähnt, die ihren Humor aus zweiter bis dritter Hand beziehen. „Und das ist mein Lebensabschnittspartner“, informiert mich zwinkernd Otto Normalverscherzer, und ich danke fürs Gespräch.

„Danke fürs Gespräch!“, rufe ich aus größtmöglicher Distanz auch der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) zu. Die hat sich nämlich kürzlich mit der Frage beschäftigt, wie man die Homo-Ehe denn nun nennen solle. Eine nicht direkt brennende, vielleicht gerade mal glimmende Frage. Im Gesetz steht ja: „Eingetragene Lebenspartnerschaft“. Das ist weder hinreichend volkstümlich noch irgendwie romantisch; für Konservative klingt es außerdem verharmlosend. Deswegen sagen alle „Homo-Ehe“. Der Begriff Homo-Ehe habe sich aber nicht durchgesetzt, befindet da nun trotzdem die GfdS, er tauche stets mit dem Zusatz „so genannte“ auf oder in Anführungszeichen. Die allerdings bedeuten ja auch „so genannt“, wodurch die GfdS mit etwas Aufmerksamkeit einen Hinweis gewönne, dass die Homo-Ehe eben doch Homo-Ehe genannt wird – übrigens immer häufiger ohne Anführungszeichen und ohne Zusatz „so genannte“.

Die GfdS gewinnt aber keinen Hinweis, weil sie voll und ganz damit beschäftigt ist, neue Wörter vorzuschlagen, die wiederum ihr in Wettbewerben von Sprachnutzern vorgeschlagen worden sind. Fachjurys entscheiden, welche Vorschläge gut seien, und befinden zum Beispiel, dass man die Homo-Ehe „Gleichenehe“ nennen solle. So könne die „Ehe unter gleichen gut und treffend bezeichnet werden“. Eine vortreffliche Lösung, die sich gewiss sofort viel besser durchsetzen wird als „Homo-Ehe“. Man müsste eventuell davon absehen, dass „Homo“ ja auch „gleich“ bedeutet, und verdrängen, dass bei „Homo“ aber immerhin noch der Aspekt der Homosexualität mitschwingt, weshalb man diesem Begriff den Vorzug geben müsste und ja auch gegeben hat. Ach, liebe GfdS, eines sei dir vielleicht noch ins Poesiealbum geschrieben: Seit wann sind denn zwei Menschen einander gleich, nur weil sie Homos sind und heiraten? Da müssten ja eineiige Zwillinge … und selbst dann … die sind ja auch nicht in Gänze … ach, lassen wir das.

„Similarehe“ wäre da ja fast noch treffender und wurde tatsächlich auch von einem Wettbewerbsteilnehmer vorgeschlagen. Ebenso „Treuebund“, „Ehenoid“ und „Regenbogenehe“. Für die Unterscheidung in männliche und weibliche Partnerschaften brachten aufmerksame Sprecher die Begriffe „Maskulat“ und „Feminat“ ins Spiel, andere wollten – knapp und präzise – „Mehe“ und „Fehe“ sagen. Doch die GfdS schob dem einen wahrlich ausgefeilten Riegel vor: „Männerehe“ und „Frauenehe“ seien empfehlenswert.

Und wie sollen nun verpartnerte Similargatten und -gattinnen einander nennen? „Mein Mann“ beziehungsweise „Meine Frau“ sei richtig, meint die Jury. Ein Grund mehr für mich, in meiner wilden Ehe beziehungsweise uneingetragenen Partnerschaft bei „Gatte“ zu bleiben. Wahrscheinlich bitte ich den meinen, mich in Zukunft als seine Frau vorzustellen. Da käme doch mal wieder ein bisschen Schmackes in die Mehe-Präsentation. HOLGER WICHT