Ikea ist Ikea ist Ikea

Ein Ferientag im Hamburger Süden: Vom Drang, einer unter 1000 zu sein; Lachs, Køtbullar und Abkürzungen, die man nicht geht. Denn dann verpasst man ein Stückchen des neuen Ikea in Moorfleet. Für 5 Euro gibt es fünf Bratpfannen oder 25 Bügel

„Wenn ich zurückfahre, bringe ich der Familie Frühstück mit und vielleicht die Miete für ein Jahr.“

von SANDRA WILSDORF

Bei Ikea gibt es ja jetzt auch Postkarten. Ein weiteres Kann-man-immer-brauchen-Produkt für diese Besuche, bei denen man nach einem Schrank sucht, aber am Ende Kerzen, Servietten, Geschenkpapier und Marabou-Schokolade nach Hause schleppt.

Aber die Karten sind gut. Gut für Urlaubsgrüße aus dem gestern eröffneten Ikea in Hamburg-Moorfleet.

Etwa so: „Liebe Oma, hier in Ikea ist es wie immer schön. Es regnet nicht, das Wetter ist wie immer in Ikea absolut gleichbleibend. Und das Essen ist auch wieder lecker. Wir essen Lachs zum Frühstück, Køtbullar zum Mittag und abends Lachs mit Nudeln. Wir wandern auf den gleichen Wegen wie beim letzten Mal, und wir genießen sie wieder. Wir kennen inzwischen sogar schon Abkürzungen vom Land der Kindermöbel zu den Küchen, aber wir gehen sie nicht, denn dann verpassen wir ja was. Wir haben auch die nette Familie vom letzten Mal wieder getroffen, Du weißt schon, die aus der 42-Quadratmeter-Wohnung. Die Lampen kosten hier heute nur 7,50 Euro, da bringen wir gleich für alle welche mit. Na ja, Ikea ist halt immer wieder schön. Viele Grüße, die Kinder.“

Gestern, 6.30 Uhr, S-Bahnhof Billwerder-Moorfleet: Wo sonst nur Arbeiter aussteigen, warten jetzt Kauflustige auf den Bus in den Süden. Sie wollen unter den ersten 1000 Besuchern des neuen Ikea sein, denn nur die bekommen ein gelbes Armband und damit eine Chance, dass ihnen Ikea ein Jahr lang die Miete zahlt. Wo der Bus endet, wartet eine Frau im ikeagelben T-Shirt und verteilt Gutscheine für den ermäßigten Möbeltransport nach Hause. Trommler trommeln viel zu laut für diese Zeit, doch alle sollen wach sein, wenn der Schlüssel sich dreht.

Ein „sowieso Frühaufsteher“ ist mit dem Fahrrad und der Idee gekommen, „Wenn ich zurückfahre, bringe ich der Familie Frühstück mit und vielleicht die Miete für ein Jahr.“ Daraus wird nichts werden, aber das weiß er noch nicht.

Auch für die zehn Frauen, Männer und Kinder nicht, die extra aus Mecklenburg-Vorpommern angereist sind. Aber deren Anliegen ist auch eher, alte Fehler nicht zu wiederholen, die sie vor Jahren in Berlin gemacht haben. „Da gab es auch mal ganz viele Angebote, aber nach einer halben Stunde war alles weg“, sagt eine Frau. Viele kommen aber auch wegen des Ereignisses an sich. „Einmal dabei sein“ wollen die, die vielleicht die Maueröffnung verpasst haben. „Wir haben ja jetzt Zeit“, fügt einer hinzu, der unfreiwillig Rentner ist und sich mit seiner Frau einen „schönen schwedischen Tag“ machen will.

Um 7 Uhr schließt ein Mann in ikeagelbem T-Shirt die Tür von innen auf, und die ersten strömen im Dauerlauf hinein. Es gibt Bonbons und ikeagelbe Kappen für jeden, die mobilen Musiker vom „Blaswerk“ blasen, und die Menschen erklimmen die Rolltreppe. Oben ist alles wie immer. Da trifft man beispielsweise die alten Bekannten, die Freundinnen aus der 55-Quadratmeter-WG, die Billys, Ivars und die ganze Familie.

Unten sind die Angebote: Für 5 Euro gibt es 25 Bügel, fünf Bratpfannen, eine Bananenpalme, ein Regal oder einen Elch aus Plüsch. Wer noch einen Euro loswerden will, der kann drei Tafeln Marabou-Schokolade oder zwei gezwirbelte „Lucky Bamboos“ kaufen. Die Menschen kaufen Tüten voller Pfannen und Pflanzen. Eine Krankenschwester ist nach der Nachtschicht vorbeigekommen, um endlich die neue Bettdecke zu kaufen, die sie schon lange haben wollte. „Ist ja hier nicht anders als in Schnelsen“, hat sie festgestellt. Und so soll es ja auch sein. „Is halt Ikea“, findet auch eine junge Frau, die nun endlich den Schuhschrank gekauft hat, „den es in Schnelsen schon so lange nicht mehr gab“. Einer, der gerade umzieht, ist allerdings enttäuscht: „Es gab viel zu wenig Angebote.“

Und dann ist es endlich so weit. Die 1000 Armbandträger treffen sich im Foyer. Die 18-jährige Karo gewinnt die Miete und kann es gar nicht fassen. „Wir haben extra durchgemacht, wegen Ikea“, sagt sie und muss jetzt ihre beiden Freundinnen zum Essen einladen. Leider ist Karo erst 18 und wohnt noch bei ihren Eltern.

Es ist 9 Uhr. Für viele offenbar der richtige Zeitpunkt für einen Teller Nudeln mit Lachs oder Køtbullar und Pommes. Gehört ja dazu. Und ist doch heute im Angebot.