Formensprache

Wahlkampf auf allen Ebenen

Im September ist Bundestagswahl, nur ein halbes Jahr später müssen auch BremerInnen entscheiden, was Sache sein soll in ihrer Landesregierung.

Ich bin für Euch da. Am aufsehenerregendsten hat sich in den vergangen Wochen die CDU präsentiert. Der Bremer Fraktionschef Jens Eckhoff radelte durch die Stadtteile, was das (Flick-)Zeug hielt, und gab sich bürgernah und leutselig. Eine feine Sache: die Unterschiede zwischen den beiden großen Parteien haben sich in acht Jahren großer Koalition reichlich abgeschliffen, Profilierung gelingt da noch am ehesten durch einen Wechsel der Ebenen: Die großen Parteilinien sind auf Stadtteilebene ohnehin nur noch sehr gebrochen zu erkennen – siehe die vielen Beschlüsse, in denen sich Beiratsfraktionen gegen ihre Landesfraktionen richten.

So heißt hier die entscheidende Frage: Kümmert sich einer oder ist er abgehoben? Eckhoff hat sich als einer präsentiert, der sich kümmert. Dazu passt sogar, dass die Termine in den Stadtteilen größtenteils unspektakulär waren. „Ich will gar nicht den großen Medienrummel, ich will wissen, was wirklich los ist“, könnte er gesagt haben, und ist damit ziemlich nah dran an Stoiber, der sich als sachkompetenter Gegenkandidat zum Medienkanzler präsentiert.

Ich hab noch was zu erledigen, aber dann bin ich gleich wieder für Sie da. Die Sozialdemokratie hat es schwerer. Fürsorge im alten Stil ist out und auch hier wiederholt sich lokal die bundespolitische Form. Jens Böhrnsen, der smarte Bremer Vertreter der neuen Sozialdemokratie hat nur zu seinem Anzug Tuchfühlung. Die Hemdsärmeligkeit und Nähe zum Mann auf der Straße, die Schröder noch beim gelegentlichen Posing in Betrieben hinkriegt, die allerdings auch mit jedem Mal unglaubwürdiger wird, ist in der Großen Koalition erst recht fadenscheinig geworden. Also quält sich der Vorsitzende der Fraktion in einer der vielen inzestuösen SPD-Veranstaltungen ein paar Bemerkungen zum Thema Arbeitsmarktpolitk ab, um dann wieder in der Versenkung zu verschwinden und Strippen zu ziehen: Ein Politiker an seinem Lieblingsort bei seiner Lieblingsbeschäftigung.

I will survive. Und wenn wer zurückbleibt, dann muss man sich eben verabschieden. Joschka Fischer – außen Minister und innen Joschka Fischer – joggt unter größten Sicherheitsvorkehrungen um den Werder-See. Der Erfolg gibt ihm recht. Schon 200 Leute haben sich angemeldet zum Marathon durch die Weserwiesen. „Sport ist Mord“ war früher der Wahlspruch der Intellektuellen. Heute, wo man sich um alles selber kümmern muss, um seine Gesundheit und um seinen Job, gibt es einen neuen Rhythmus, wo jeder mit muss. Sportlich wäre dafür das falsche Wort. Fit, müsste man eher sagen, fit für das, was kommt. Der gleiche feine Unterschied herrscht zwischen der wahlkampfgerechten Leutseligkeit eines radelnden Eckhoff, der die milieumäßig schlingernden Sozialdemokraten beerben will und der gepflegten Geselligkeit, die bei den Grünen zur Top-Form wird. hey