Sieg für Flughafengegner

In Mexiko sieht sich die Regierung wegen anhaltender Proteste enteigneter Landwirte nach einem anderen Standort für den Bau eines neuen Flughafens um

BERLIN taz/dpa ■ Die mexikanische Regierung verzichtet auf den Bau eines neuen internationalen Flughafens auf enteignetem Farmland nahe Mexiko-Stadt. Das Verkehrsministerium teilte am Donnerstag mit, man werde sich angesichts der massiven Proteste von Seiten der enteigneten Bauern nach einem neuen Standort umsehen. Der bestehende Flughafen in Mexiko-Stadt hat die Grenzen seiner Kapazität erreicht, kann jedoch wegen angrenzender Siedlungen nicht ausgebaut werden.

Die Entscheidung ist ein großer Erfolg für die seit Monaten protestierenden Gemeinden, die zugunsten des Flughafenbaus enteignet werden sollten. Seit der Vorlage der genauen Pläne für den Flughafenbau auf dem Land der Gemeinde San Salvador Atenco am 22. Oktober letzten Jahres wehren sich die Bewohner der 13 betroffenen Dörfer unterstützt von verschiedenen sozialen, gewerkschaftlichen und studentischen Organisationen gegen das Projekt.

Als am 11. Juli diesen Jahres die Enteignungsdekrete für insgesammt 5.000 Hektar Land vorgelegt wurden, eskalierten die Proteste zu gewaltsamen Konfrontationen zwischen Bauern und Polizei. Dabei wurde ein Bauer getötet und dutzende verletzt. Mehrere tausend mit Macheten bewaffneten Bauern blockierten wichtige Kreuzungen und lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei. 19 Behördenvertreter wurden von aufgebrachten Anwohnern als Geiseln genommen, um gefangene Bauern freizupressen, was auch gelang.

Auch auf eine Erhöhung der Entschädigung von umgerechnet 7.500 auf 53.300 Euro pro Hektar gingen die Bewohner Atencos nicht ein, die um jeden Preis ihr Land behalten wollen. Den mexikanischen Bauern geht es nicht um Geld, sondern um die Erhaltung ihrer Gemeindekultur und ihrer wirtschaftlichen Grundlage. Dass der neue Großflughafen nach Ansicht der Regierung den angrenzenden Gemeinden wirtschaftlichen Wohlstand und Arbeitsplätze bringe, ließ die Bewohner ebenfalls kalt. Sie wollen Bauern bleiben wie ihre Vorfahren und keine Kofferträger werden.

Kritiker sehen in der Entscheidung des mexikanischen Präsidenten Vincente Fox ein Zeichen dafür, dass gewaltsamer Protest mehr Erfolg hat als friedlicher. Die Regierung versteht ihr Einlenken jedoch keineswegs als Niederlage. „Im Gegenteil“, so der Verkehrsminister Pedro Cerisola, „ich sehe dies als ein Zeichen der Dialogbereitschaft unserer Regierung, die das Recht jedes Einzelnen achtet und niemandem eine Lösung aufdrängt, egal wie gut sie sein mag.“ Letztendlich seien die Verhandlungen mit den Bauern zu langwierig und zu kostspielig geworden, hieß es aus dem Ministerium.

Sicher ist, dass der neue Flughafen auf jeden Fall gebaut wird – nur eben an anderer Stelle. Auch wenn San Salvador Atencos Bewohner ihren Sieg mit einem Feuerwerk feierten, werden nun andere Gemeinden mit Enteignungen zugunsten des Projekts konfrontiert werden.

ALENA SCHRÖDER