Hunzinger-Kontakthof in Bad Ems

In einer „Europäischen Akademie für wissenschaftliche Weiterbildung“ will der PR-Mann Politik, Bildungsbürgertum und Wirtschaft zusammenbringen. Das Land Rheinland-Pfalz zahlt mit dafür. Und die Landtags-Grünen wundern sich

aus Bad Ems KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Den wuchtigen Bau aus dem Jahre 1669 zieren vier Türme. Die in zarten Pastelltönen frisch gestrichene Villa steht im Kurpark von Bad Ems, direkt am Ufer der Lahn. Vor dem Geschäftsführer der Europäischen Akademie für wissenschaftliche Weiterbildung (EAW), Peter Rhein, residierten in diesem Prachtbau schon andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.

Im 19. Jahrhundert etwa der Komponist Carl Maria von Weber. Oder der russische Zar Alexander II., der dort am 30. Mai 1876 den berühmt-berüchtigten „Emser Erlass“ unterzeichnete, mit dem er den Gebrauch der ukrainischen Sprache in seinem Reich verbot.

Moritz Hunzinger (43), Vorsitzender des Vorstandes der Hunzinger Informations AG, Geschäftsführer der Hunzinger PR GmbH und der Action press GmbH & Co. KG und Vorsitzender des Aufsichtsrates von „infas“, dem Institut für angewandte Sozialwissenschaften, war auch schon dort. Erst kürzlich und zwar in seiner relativ neuen Funktion als Mitglied im Aufsichtsrat der EAW, an deren Stammkapital seine PR GmbH mit 17,5 Prozent beteiligt ist.

Der Christdemokrat Moritz Hunzinger traf seinen alten Parteifreund Peter Rhein, der in Frankfurt am Main einmal Dezernent für Gesundheit und Sport war, in Bad Ems anlässlich der Gründung der Akademie im November 2001. Rhein war es auch, der die Hunzinger PR GmbH mit ins EAW-Boot nahm.

Mit der Akademie soll ab September 2002 speziell emeritierten Wissenschaftlern oder ganz allgemein einem im Ruhestand lebenden „finanziell leistungsfähigen Publikum“ (O-Ton EAW) eine Weiterbildungsmöglichkeit auf hohem Niveau angeboten werden. Und in Seminaren für „Führungskräfte aus den Beitrittsländern zur Europäischen Union“, wie etwa in einem einwöchigen „Kompaktstudiengang Finanzwirtschaft“, werden dort demnächst auch Manager vor allem aus Osteuropa fit gemacht für den gemeinsamen Markt.

Da müssen renommierte Referenten aus Politik und Wirtschaft her, und man brauchte einen Kenner der Szene als Vermittler, einen wie Hunzinger. Die Villa „Vier Türme“: bald eine Art Kontakthof für Politiker, Wirtschafts- und Finanzmagnaten und gut betuchte Bildungsbürger. Moritz Hunzinger, der in der Branche inzwischen eine Persona non grata ist, darf so zusammenführen, was – seiner Auffassung nach – zusammengehört. Genau das ist ohnehin „mein Job“, sagt Hunziger. Seine Kunden in der Kartei mit den 70.000 Namen, darunter der Großteil des politischen Establishments, werden es ihm danken: Ihnen werden so neue Verdienstmöglichkeiten (Vortragshonorare etc.) erschlossen.

Hunziger übernahm auch die gesamte Öffentlichkeitsarbeit – gegen Rechnung, versteht sich. Anrüchig findet das bis auf die Grünen im Landtag von Rheinland-Pfalz eigentlich niemand. Schon gar nicht die Landesregierung, die mit 25 Prozent – befristet auf fünf Jahre – an der EAW beteiligt ist. „Wir haben nichts zu verbergen“, sagte eine Sprecherin im FDP-geführten Wirtschaftsministerium, dessen Ministerialdirigent Bruno Klein den Vorsitz im Aufsichtsrat der Gesellschaft übernommen hat.

Die Akademie basiere schließlich auf der Idee, der Stadt Bad Ems eine neue wirtschaftliche Perspektive zu bieten. Bad Ems soll „europäisches Kur- und Kongresszentrum“ werden. „Nichts dagegen“ haben auch die Grünen. Nur dass sich der in Verruf geratene „PR-Guru“ Hunzinger jetzt sogar mit dem Plazet einer Landesregierung selbst Aufträge zuschanzen dürfe, könne doch nicht angehen, monierte die grüne Fraktionsvorsitzende Ise Thomas. Der SPD/FDP-Landesregierung warf Thomas zudem „Geheimniskrämerei“ vor. Man habe schließlich erst durch die Lektüre des Geschäftsberichts der Hunzinger AG etwas über die Gründung der „gemeinsamen GmbH des Landes Rheinland-Pfalz mit Hunzinger“ erfahren.

Peinlich? Peinlich. Fünf Fragen richten die Grünen jetzt an die Landesregierung; unter anderen die nach den Gesamtkosten für das Land in den fünf Jahren. Alles ordentlich aufgeschlüsselt, damit wenigstens öffentlich wird, was Hunzinger an der Akademie direkt verdient. Denn seine Invesitition ins Projekt war bislang eher gering: Eine Einlage von 5.250 Euro.