Pause mit Staubsauger

Kehraus im Tempodrom: Das senegalesische Orchestra Baobab spielte am Wochenende auf den Heimatklängen

Ein Mann mit einem Staubsauger steht auf der schwarzen Asphaltfläche vorm Tempodrom. Er versucht weiße Schnipsel aufzusaugen, die eine zuvor hier feiernde Hochzeitsgesellschaft verstreut hat. „Sollte man auch nicht nachmachen, die französischen Heiratsbräuche“, sagt er. Nach der Pause jedenfalls ist der Asphalt wieder akkurat schwarz für das Orchestra Baobab. Die Beseitigung der Feierreste noch vor dem Hauptgang, der großen Party ist meist kein gutes Zeichen: Für die Heimatklänge, dieses Jahr als Heiratsklänge firmierend, scheint es nicht gut zu laufen. Am Freitagabend kamen nur etwas über 1.000 Besucher.

Umsonst und draußen ist lange vorbei. Jetzt zahlt man immerhin 10 Euro für ein Tempodrom aus Beton und Stahl mit dem Charme einer neuen Schulaula. Wo denn hier das typische Tempodrom-Gefühl von Alternativkultur, Spaß und Spontanität bleibe, frage ich die Organisatorin Irene Moessinger, und warum dieser Ort überhaupt noch Tempodrom heiße. Ich müsse mich vom Alten lösen, außerdem habe sie genug vom Zelten gehabt. „Es gab eben keinen Platz mehr für uns.“ Was sie stört, sind hauptsächlich die schweren Türen, die sie dauernd aufdrücken muss, das gab’s früher nicht. Auch die gut bezahlten Ordner, die Tag und Nacht aufpassen, dass es nicht brennt, gab es nicht. Die sind aber sehr nett, sagt Irene.

Berlintypisch ist auch die Schuldenlast von rund 15 Millionen Euro (verbürgt durchs Land), die uns beim 3,50 Euro teuren großen Alster sinnieren lässt, wie viel Zinsen im Preis enthalten sind. Der Gründer der Heimatklänge, der große Verwirrer und Musikethnologe Borkowsky Akbar, jedenfalls ist diesen Sommer im Urlaub. Das dürfte sein erster Sommerurlaub seit 1988 sein, dem ersten Heimatklänge-Jahr. Er ist auch nicht mehr verantwortlich für das gestraffte Programm. Man hört, er sei gegen die Heimatklänge in dieser Form an diesem Ort.

Die Band in an diesem Wochende, das Orchestra Baobab aus dem Senegal, würde auch Borkowsky gefallen: ein sanfter, angenehmer Gitarrengroove, dazu Gesang, gebrochen und unterstützt von Saxofonen. Die 1970 gegründete Band, die Latin-Pop-Einflüsse mit senegalesischen Traditionen verband, wurde 1987 aufgelöst. Jetzt sind sie wieder im Geschäft, teilweise immer noch mit den Herren von damals. Ironischerweise produzierte Dakar-Star Youssou N’Dour ihr Album: Aus Verzweiflung über seinen Trend-Sound Mbalax hatten sie sich damals aufgelöst. ANDREAS BECKER