Die Recken klatschen Zecken

Auf dem 6. Bierfestival prügeln sich Skins mit linken Jugendlichen. Polizei geht von alkoholisch und nicht rechtsextremistisch orientierten Straftaten aus. Wirte werfen ihr zu langsames Eingreifen vor

von DANIEL SCHULZ

„Fliiiieeeger, grüß mir die Sonne, grüß mir die Sterne und grüß mir den Moooond …“ Mit Inbrunst krähen die Lautsprecher neben dem Schwarzbierstand in den Himmel. Dazu umspült ein Strom Grauhaariger jugendliche Trinkhalbkreise. Das gestern zu Ende gegangene 6. Bierfestival auf der Karl-Marx-Allee war ein Massenereignis, knapp eine halbe Million Menschen waren nach Angaben des Veranstalters gekommen und drängelten sich über den Bier-Boulevard zwischen Strausberger Platz und Frankfurter Tor. Vor dem Stand von Odin-Trunk, dem Germanenbier aus Neubrandenburg, war gestern Nachmittag jedoch viel Platz. Das mag an dem martialischen Aussehen einiger Kunden gelegen haben: Glatze, Polohemd, Augen gerade aus, Flusenbärtchen.

Genau hier hatten sich in der Nacht von Samstag auf Sonntag Rechte mit Linken geschlagen. Nach Angaben der Polizei tauchten Samstagabend gegen 21.45 Uhr vermehrt Skins an Odins Teutonentheke auf. „Plötzlich kam es zu einem Handgemenge zwischen den Szenen, Flaschen und Gläser flogen“, sagte ein Polizeisprecher, „Beamte vor Ort haben dies bemerkt, sofort eingegriffen und die Lage beruhigt.“ So gegen halb zwölf prügelten sich die Skins nochmal mit linken Jugendlichen, diesmal sperrte die Polzei eine halbe Stunde die Karl-Marx-Allee zwischen Nummer 105 und 109. Beamte und Bundesgrenzschutz trieben die Schläger auseinander. „Rechtsextremistisch motivierte Auschreitungen waren das nicht“, meint der Polizeisprecher, „die hatten alle nur zu viel Alkohol.“ Laut Polizei wurde ein Skin festgenommen, Augenzeugen sprechen dagegen von zwei bis vier Festnahmen. „Ja, die haben mehrere rausgegriffen“, sagt der Wirt eines Mittelalterbier-Standes, der seinen Namen aus Angst vor den Glatzen nicht nennt.

Die Zahl der Festgenommenen ist nicht das einzige Detail, bei dem der Polizeidarstellung widersprochen wird. „Eigentlich kam die Polizei bei der ersten Prügelei zehn Minuten zu spät, meinte ein anderer Wirt. „Mein Kollege hat per Handy dreimal nachgefragt, wann die endlich auftauchen. Nur beim zweiten Gekloppe ging es schneller.“ Dagegen ist der Veranstalter mit der Polizei zufrieden. „Sehr professionelle Arbeit“, lobte Lothar Grasnick, Geschäftsführer des Festival-Organisators Präsenta.

Eine Gefahr für das Image des Festivals sieht er in den rechten Übergriffen nicht. „Was passiert ist, war nicht sonderlich schlimm“, sagte Grasnick. „Allerdings werden wir spezielle Biermarken wie Odin-Trunk nicht mehr einladen. Erfahrungsgemäß sammelten sich an solchen Ständen Neonazis. „Und das wollen wir natürlich nicht.“