Netze aus Verrat und Lügen

Erfrischende Thriller mit stetig neu ausgeklügelten Wendungen und schonungslos ausgeleuchteten Sozialdramen: Herausragende australische Filme der letzten acht Jahre im Abaton

von ECKARD HASCHEN

Mel Gibson, Nicole Kidman, Russell Crowe, Cate Blanchett, Geoffrey Rush, Peter Weir, Baz Luhrman ... – es ist schon erstaunlich, wie viele erstklassige Schauspieler und Regisseure dieses Land mit seinen knapp 20 Millionen Einwohnern hervorbringt. So sehr man versteht, dass solche Größen, einmal erfolgreich geworden, kaum mehr in ihrer Heimat arbeiten, so wenig sollte man das Filmschaffen in Australien selbst unterschätzen. Denn dass nach Erfolgen wie Muriels Wedding, The Wedding Singer oder Priscilla nicht mehr so viele australische Produktionen bei uns angelaufen sind, bedeutet nicht, dass dort keine guten Filme mehr gedreht würden.

Ein guter Beleg dafür ist das „Australian Film Festival: The Embassy Roadshow“, das heute im Abaton startet. Acht Filme aus den letzten acht Jahren sind dort bis zum 14. August zu sehen. Von diesen hat zumindest Lantana, der zur Eröffnung läuft, einen deutschen Verleih. Ray Lawrences mit Anthony LaPaglia, Geoffrey Rush und Barbara Hershey prominent besetzter Psychothriller gewann im letzten Jahr alle wichtigen AFI-Awards, die australischen Oscars.

Basierend auf einem Bühnenstück, entwirft Lawrence ein Beziehungsgeflecht, in dem sich die Figuren, vier Ehepaare, immer tiefer in Verrat und Lügen verfangen. Wie gut das australische Kino die Thriller- und Gangster-Genres momentan beherrscht, beweist auch Two Hands, der schon beim vorletzten Fantasy Filmfest positiv auffiel. Wo Filme wie Snatch irgendwann zu nerven beginnen, da begeistert Gregor Jordan seine Zuschauer mit jeder neuen Wendung seines höchst ausgeklügelten Plots. Und der von Heth Ledger gespielte Gelegenheitsgauner, der möglichst schnell 10.000 Dollar auftreiben muss, ist gut beraten, nicht lange herumzunuscheln wie Brad Pitt.

Gespannt darf man auf Jordans erste US-Produktion, die in Deutschland spielende Kalter Krieg-Satire Buffalo Soldiers sein. An britische Sozialdramen eines Ken Loach erinnert dagegen Rowan Woods‘ schonungslos nüchterner The Boys. Ob der älteste Sohn der Familie Sprague wirklich eine Chance hat, nach einem Jahr Gefängnis wieder auf die gerade Bahn zu kommen? Toni Collette kann jedenfalls bald nur noch schockiert zuschauen, wie sich schon am ersten Tag in Freiheit die alten Muster wieder bemerkbar machen.

Wie es um die kulturelle Identität Australiens im Allgemeinen und um den Stellenwert der Familie im Besonderen bestellt ist, das leuchten gleich mehrere Filme auf ganz unterschiedliche Weise aus. In Richard Franklins Hotel Sorrrento treffen sich drei Schwestern nach dem Tod ihres Vaters wieder – und schon brechen die alten Konflikte wieder auf. Ähnliches geschieht in Radience von Rachel Perkins, wo nach dem Tod der Mutter die dunkelsten Familiengeheimnisse überhaupt erst ans Licht kommen.

Als Spross einer italienischstämmigen Großfamilie erlebt in Kate Woods Looking for Alibrandi eine 17-Jährige ihre Jugend nicht nur an der Schwelle zwischen Kindheit und Erwachsensein, sondern auch zwischen den Kulturen. Und das unter den strengen Augen der von Greta Scacchi gespielten Patriarchin.

Stars in frühen Rollen sind in Kevin Dowlings Vater-Sohn-Geschichte The Sum of Us von 1994 und in Cherie Nowlans 1997 entstandene antiromantische Komödie Thank God He Met Lizzie zu sehen. In Ersterem versucht Oscar-Preisträger Russell Crowe, das richtige Verhältnis zu seinem Vater zu finden – im Einklang mit seiner eigenen, schwulen Identität. In Letzterem brilliert Kate Blanchett als Ex-Freundin eines Mannes, der sich im Begriff wähnte, ohne größere Komplikationen in den sicheren Hafen der Ehe einlaufen zu können.

Lantana: heute, 20 Uhr; Looking for Alibrandi: Do, 8.8., 20 Uhr + So, 11.8., 17 Uhr; Hotel Sorrento: Do, 8.8., 17 Uhr + So, 11.8., 11 Uhr; Two Hands: Fr, 9.8., 20 Uhr + Sa, 10.8., 17 Uhr; The Sum Of Us: Fr, 9.8., 17 Uhr + Mi, 14.8., 21 Uhr; Thank God He Met Lizzy: So, 11.8., 13.15 Uhr + Di, 13.8., 19 Uhr; Radiance: Mo, 12.8. + Mi, 14.8., 19 Uhr; The Boys: Di, 12.8. + Mi, 13.8., 21 Uhr; (alle engl. OF), Abaton