Behutsame Abrisserneuerung im Osten

Noch in diesem Monat will Stadtentwicklungssenator Peter Strieder ein Konzept zum Umgang mit Leerstand in Plattenbauten vorlegen. Im Rahmen des Bundesprogramms „Stadtumbau Ost“ soll es vor allem Abrisse bei leer stehenden Kitas und Schulen, aber auch Wohnumfeldverbesserungen geben

von UWE RADA

Zwei Millionen Euro, das ist die Summe, die dem Land Berlin dieses Jahr aus dem Bundesprogramm „Stadtumbau Ost“ zur Verfügung steht. Zwei Millionen Euro, mit denen man leer stehende Plattenbauten abreißen, Infrastrukturmaßnahmen durchführen oder aber das Wohnumfeld verbessern kann. Was genau mit dem Geld geschehen soll, will Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) noch in diesem Monat entscheiden. Am 20. August soll dann der Senat darüber befinden.

Kein Massenabriss

„In der Senatsvorlage werden wir genau auflisten, in welchen Gebieten abgerissen und in welchen aufgewertet wird“, sagt Monika Schümer-Strucksberg, die Leiterin des Referats Soziale Stadt in der Strieder-Verwaltung. Schümer-Strucksberg dementiert aber zugleich Presseberichte, nach denen in naher Zukunft bis zu 7.000 leer stehende Plattenbauten abgerissen werden sollen. „Wir konzentrieren uns in diesem Jahr auf den Abriss leer stehender Schulen und Kindertagesstätten sowie auf wohnumfeldverbessernde Maßnahmen.“

Anders als ostdeutsche Städte wie das brandenburgische Schwedt oder das sächsische Hoyerswerda setzt Berlin nach wie vor nicht auf die Abrissbirne, um die maroden Wohnungsbaugesellschaften zu entlasten. Das soll auch im nächsten Jahr so bleiben.

„Wir verhandeln derzeit mit dem Bund, ob wir uns auch 2003 auf den Abriss leerer Infrastruktureinrichtungen konzentieren können“, so Schümer-Strucksberg. Der Grund: Im Bundesprogramm Aufbau Ost ist ein bestimmter Anteil von Wohnungsabrissen vorgesehen.

Nachdem die Stadtentwicklungsverwaltung die Bezirke aufgefordert hatte, mitzuteilen, wo leere Schulen und Kitas abgerissen werden können, sind inzwischen 60 Objekte benannt worden. Für die 2 Millionen Euro aus den Bundesmitteln können etwa 40 von ihnen abgerissen werden. Unter ihnen zum Beispiel eine Grundschule in der Hohenschönhausener Randowstraße. Die wurde bereits geräumt und steht nun unmittelbar vor dem Abriss.

Weiterhin skeptisch gegenüber dem Abriss von Wohnungen ist auch die baupolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, Barbara Oesterheld. „Die Zuschüsse aus dem Bundesprogramm decken die Abrisskosten bei weitem nicht“, sagt Oesterheld. Auf der anderen Seite müssten die Wohnungsbaugesellschaften den Buchungswert der Gebäude dagegen auf null setzen. Der Verlust käme dabei vielfach höher als die auflaufenden Betriebskosten und die fehlenden Mieteinnahmen bei leer stehenden Wohnungen.

Entsprechend zurückhaltend gehen auch die Wohnungsbaugesellschaften mit dem Abrissthema um. Außer dem bereits beschlossenen Aus für das 21-geschossige Hochhaus in der Marzahner Marchwitzastraße und für ein Hochhaus in der Frankfurter Allee sind noch keine weiteren Entscheidungen für einen Abriss gefallen.

Leerstand steigt rapide

Doch die Zeit drängt, schnell umfassende Lösungen zu finden. Mit über 10 Milliarden Euro sind derzeit die Berliner Wohnungsbaugesellschaften verschuldet, sodass Experten bereits vor einer zweiten Krise à la Bankgesellschaft warnen. Den Schulden gegenüber stehen allerdings die Immobilienwerte in Höhe von 16 Milliarden Euro. Doch die könnten bald noch weiter sinken. Laut einer von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder in Auftrag gegebenen Studie könnte sich der Leerstand in der Platte bereits bis zum Jahr 2010 von derzeit 11.600 auf 17.000 Wohnungen erhöhen.

Die Schlussfolgerungen der Expertenkommission, die den Abriss von 7.000 Wohnungen empfiehlt, will sich der Senator allerdings nicht zu Eigen machen. „Wir bleiben dabei, dass sich die Zahl der möglichen Abrisse bei etwa 3.000 Wohnungen bewegt“, betont Referatsleiterin Schümer-Strucksberg. Und diese Wohnungen befänden nicht nur in die viel diskutierten Plattenbauten.