Hauptsache Schlips und Kragen

Harald Wolf, bekannt für offene Worte und Hemden, wird jetzt Wirtschaftssenator. Mit roten Zahlen kennt er sich aus, was fehlt, ist das bindende Element am Hals. Die taz begleitet den Sozialisten auf seinem schwersten Gang – zum Herrenausstatter

von ROBIN ALEXANDER

„Hat der Mann überhaupt eine Krawatte?“ Peter Dussmann, Multidienstleister in der SFB-Abendschau zum neuen PDS- Wirtschaftssenator Harald Wolf.

Die Geschichte der PDS ist die Geschichte ihrer Unterschätzung – durch die Kräfte, die in Westberlin für Freiheit und billige Putzkolonnen kämpfen. Peter Dussmann und mit ihm alle, die sich um den Standort Berlin sorgen, fragen jetzt ängstlich: „Hat Harald Wolf überhaupt eine Krawatte?“ Eine Krawatte? Eine? Von wegen: Wolf braucht gleich fünf. Die taz bereitet den ersten Unternehmensbesuch des neuen Wirtschaftssenators vor – den schweren Gang zum Herrenausstatter.

Modell 1: Die Investorenkrawatte. Das gepflegte Herrentextil mit dezenten Motiven wird breit um den feisten Hals geschwungen. Günter Rexrodt besitzt angeblich 6.000 Stück, verleiht aber keine. Macht nichts. Gibt’s in der Galerie Lafayette für 72,95 Euro von Hugo Boss. Dazu empfehlen wir noch die goldene Krawattennadel für nur 62 Euro. Bei Lafayette gibt es übrigens auch Rasierer.

Modell 2: Die Parteikrawatte. Auch in den Wohnkollektiven von Marzahn, Lichtenberg und Hohenschönhausen trägt man entgegen anders lautenden Westberliner Vorurteilen mitnichten offenen Kragen. Hier ist der Schlips schmal, schwarz und aus Leder. Das realsozialistische Halstextil wird gern mit auberginefarbenen Jacketts aus den Wendejahren kombiniert. (Ostprodukte-Messe, zweimal jährlich in der Kongresshalle am Alex, 32 Valuta-Mark).

Modell 3: Die Frauenkrawatte. Harald Wolf hat doch wohl nicht vergessen, dass er nicht nur Senator für Wirtschaft und Arbeit, sondern auch Senator für Frauen ist? Die Frauen werden bestimmt nicht vergessen, dass jetzt schon der zweite Schwa…, äh, Schlipsträger aus der PDS ihre Belange mal eben so mit vertreten will. Da kann sich Wolf ruhig frauenbewegtes Lila (Hennes&Mauritz, Schlussverkauf 4,99 Euro) um den Hals binden. Für den Frauensenator ist bald täglich Weiberfastnacht. Schnipp. Schnapp.

Modell 4: Die New-Economy-Krawatte. Ein echter Wirtschaftssenator trägt international und bestellt online. Damit kann er sich auch bei der New Economy sehen lassen. Oder bei dem, was davon noch übrig ist. Die Stock-Market-Tie aus New York kostet bei www.high-flyers.de auch nur 12,45 Euro. Bleicht leider beim Waschen schnell aus. Überhaupt: Die Rechnung wird ein Problem. Leider hat der rot-rote Sparsenat seinen Mitgliedern ausgerechnet das Krawattengeld gestrichen. Den Kassenzettel schickt Wolf deshalb am besten an Gysi. Der hat ihm den Schlips schließlich eingebrockt und kennt angeblich auch noch ein paar Konten mit SED-Kleidergeld in der Schweiz. Oder gibt es bei Lufthansa Miles&More auch Kranich-Krawatten?

Unschlagbar günstig ist Modell 5: Die Bundeskrawatte. Bald wird der Senat zur Bundesregierung und zum Bundesverfassungsgericht pilgern, um Beihilfen zu erbitten. Da muss schon das Outfit die Haushaltsnotlage ausdrücken. Der vollständig abbaubare Hanfstrick kostet Wolf gar nichts. Böse Zungen behaupten, der rot-rote Senat hätte ihn bereits im Dutzend bestellt.