■ Flugangst bei der Opposition?
: Kein CDU-Name wurde genannt

betr.: „Özdemir abgeschmiert“ u. a., taz vom 27. 7. 02, „Ströbele: Grüne zu zahm“ u. a., taz vom 29. 7. 02

Manchmal möchte man der taz 100.000 Leser weniger wünschen, zum Beispiel, wenn sie mit dem Arme-Sünder-Foto von Cem Özdemir aufmacht, und am Montag nochmals nachschiebt, womit sie so richtig die Selbstgerechtigkeit von „unsereins Saubermännern/Sauberfrauen“) bedient, die wir die Lichtgestalten der Grünen gewählt haben, weil wir bessere Menschen sind. Wie erfreulich ist es doch, dass wir Gutmenschen bald wieder in der Opposition unter uns sein werden und uns selbstgefällig über die Schlechtigkeit der Welt aufregen können.

Jedenfalls frage ich mich, ob es nicht vernünftigere Lösungen als diesen Rücktritt gegeben hätte, den die taz zumindest durch ihre Bildauswahl: „was fällt, soll man auch noch stoßen“, unterstützt hat. IRMA HANKE, Tutzing

betr.: „Die Metapher hat ausgedient“ (Die einst linke Identitätspolitik ist nicht mehr fortschrittlich), taz vom 30. 7. 02

Es ist vielleicht auch ein bisschen schnell geschlossen mit dem „in“- und „out“-Muster. Das was hier Metapher genannt wurde, hat mehrere Vorläufer in den USA. In den 60er-Jahren kritisierte es Martin Luther King als tokenism, wenn immer wieder ein Schwarzamerikaner mal eine höhere Stelle irgendwo bekleidete. Das ist das, was Stoiber macht. Die Identitätspolitik ist eigentlich nur die missglückte Fortsetzung dieser tokenism-Politik. Was Özdemir jetzt passierte, sollte auch nicht gar zu theorielastig erläutert und erklärt werden. Es ist doch nichts weiter als die übliche Gehässigkeit – die gibt’s von links und von rechts –, die die Medien bei solcher Gelegenheiten immer auf der Pfanne haben, ganz gleich, ob mit profundem analytischem Unterbau oder nicht. […]

Es ist noch immer nicht verkehrt, wenn Menschen aus anderen Ethnien, die hier inzwischen zu Hause sind, Verantwortung tragen. Freilich: Es wird unter ihnen sehr unterschiedliche politische Auffassungen geben. Es ist eher ein Problem der „Linken“ hier, dass sie so von oben argumentieren und nicht wahrhaben wollen, dass Menschen, die sie als politisches Mittel sahen und eigentlich zum Objekt gemacht haben, nicht ihre Werkzeuge sind, sondern politische Subjekte, die irren, anderer Meinung sein können und überhaupt tun, was sie selbst für richtig halten oder auch in die Irre gehn. […] MAGDELENE GEISLER, Berlin

betr.: „Die Empörung frisst sich selbst“, Kommentar von Jens König, taz vom 31. 7. 02

„Warum diskutiert niemand darüber, ob diese Regelung an der Lebenswelt von Politikern vorbeigeht?“ – Weil alles eine CDU-Intrige für den Wahlkampf ist. Kein CDU-Name wurde genannt. Scharping hat ein paar Euro für seine Memoiren gekriegt, Koch hat bereits sein Buch mit Hunzinger herausgegeben. […] Özdemir meinte, er wäre da doch wohl ein wenig zu blauäugig gewesen. Gemeint hat er damit nicht etwa das fragwürdige Geld, sondern seine Offenheit gegenüber Hunzinger, den niemand gefragt hat, woher er so viel Geld hat … 98 hat Kohl seine Wahl wegen der Spendenaffäre verloren. Er war aber auch abregiert. Damals ließen die Schwarzen den Wahlkampf überraschend gleichgültig angehen. So als ob sie ein Ventil öffnen wollten. Lasst Rot-Grün doch auch mal dran. Denen werden wir dann so einschenken, dass die Christdemokraten nächstes Mal noch länger dran sind. 20 Jahre Stoiber, das wär’s doch! […] MORITZ DARGE, Mülheim/Ruhr

Wie oft empören sich Medien darüber, dass Politiker, Volksvertreter, dem Volke nach dem Maul reden! Und tun es doch selbst oft in einer Weise, die das Niveau von Stammtischweisheiten selten übersteigt: Alle korrupt! Alle in einen Sack und drauf! Deshalb danke für einen Artikel, der aber auch Folgen haben muss:

Nicht aus lauter Angst jeder Sau hinterherlaufen die durchs Mediendorf getrieben wird, sondern fragen, wer hier welches Fass aufmacht. In letzter Zeit war in der Medienlandschaft wenig Meinungsvielfalt, alle sind sich einig: Rot-Grün am Ende, Stoiber wird dann Kanzler, aber auch irgendwie egal … Wirklich? Mut zur Meinung, der Artikel war ein Anfang, und ruhig auch mal die Leser beschimpfen, nur dann hören Wähler, Leser vielleicht mal damit auf, nur Konsumenten zu sein, kriegen ihren Hintern hoch und Bilden sich eine Meinung. MARCUS OPITZ, Northeim

Abgesehen davon, dass die Lufthansahäuptlinge ganz nach Belieben Mitglieder von Rot-Grün und PDS auffliegen lassen, ist der Skandal bei den Grünen schon gravierend.

In der grünen Anfangszeit wollten wir nicht mehr als zwei Flüge im Leben eines Menschen zulassen. Weil: Pro Person werden bei einem Transatlantikflug fast 4.000 Kilo Kohlendioxid direkt in die Ozonschicht geblasen, Nachtflüge machen Anwohner krank, neue Starbahnen zertrümmern die Umwelt. Da schmerzt es schon, wenn man selber möglichst aufs Autofahren verzichtet, dass Abgeordnete Dienstreisen über Dienstreisen sammeln, damit sie auch in der Freizeit rumdüsen können.

HARTMUT BERNECKER, Bietigheim-Bissingen