Sicherheitsauflagen für Beitrittsländer

Peter-Michael Mombaur (63), für die CDU im Europäischen Parlament und dort stellvertretender Vorsitzender des Industrieausschusses, über die Einhaltung von Sicherheitsstandards in den Atomkraftwerken der EU-Beitrittsländer

taz: Herr Mombaur, Sie haben vor einiger Zeit im Industrieausschuss verlangt, dass es in der EU einheitliche Sicherheitsstandards für Atomkraftwerke geben muss. Kann denn derzeit jedes Land seine AKWs bauen, wie es will?

Mombaur: Ja. Es gibt internationale Grundregeln, die in der internationalen Atomenergiebehörde abgestimmt werden. Was darüber hinausgeht, fällt unter nationales Recht. Die Staaten haben bislang die EU nicht ermächtigt, sich da einzumischen.

Welche Mindestanforderungen müsste ein AKW denn haben, das in der EU Strom produziert?

So furchtbar schwierig kann es doch nicht sein, sich auf diese Standards zu einigen, denn die EU verhandelt ja auf Grundlage bestimmter Standards mit den Kandidatenländern. Dieses Grundmuster bräuchte man nur zu übernehmen.

Da dieses Grundmuster innerhalb der EU nicht gilt, ist die Kommission bei den Beitrittsverhandlungen in einer schwierigen Lage. Die Kandidatenländer sagen, sie seien nicht bereit, Sicherheitsauflagen zu erfüllen, die etwa bei alten französischen oder spanischen Reaktoren nicht gegeben sind.

Ich halte diesen Hinweis für ganz und gar unerträglich. Schließlich haben sie einen Antrag auf Aufnahme gestellt, und die EU befindet darüber – nicht umgekehrt. In den Beitrittsstaaten haben wir 9 Kraftwerke mit 27 Kraftwerksblöcken, von denen ein Teil nach Einschätzung der EU abgeschaltet werden muss: in Litauen, der Slowakei und Bulgarien. Gegenwärtig gibt es nur den Beitrittsvertrag als Instrument, um das durchzusetzen. Ich hoffe, dass der in diesem Punkt vernünftig ausfallen wird. Sonst haben wir nach dem Beitritt keine Möglichkeit mehr, nachzubessern.

Sie würden es für vertretbar halten, wenn man sagt, in Frankreich steht noch der eine oder andere alte Kasten, aber wer neu in die Union kommt, für den legen wir strengere Standards fest?

Genauso verhandelt doch die EU-Kommission im Auftrag des zuständigen EU-Ministerrates.

Gegenüber den östlichen Nachbarländern mit besonders störanfälligen Reaktoren fährt die EU eine Politik von Zuckerbrot und Peitsche: Euratom-Kredite im Tausch gegen die Zusage, Kraftwerke zu schließen. Ist das Geld sinnvoll angelegt?

Auf jeden Fall. Es ist im Interesse der gesamten europäischen Sicherheit vernünftig, neue Reaktoren dort zu bauen, wo derzeit noch alte Mühlen in Betrieb sind.

INTERVIEW: DANIELA WEINGÄRTNER