Pisa-Folgen: Erst AWI, dann Abi
: Neues Lernen für Wenige

Fachdidaktiker fürs Volk

Bio, Mathe, Chemie, Physik: Der Unterricht in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Schulfächern in Deutschland ist nicht berühmt. Das ist für SchulexpertInnen seit der internationalen „Tim-Studie“, die schon vor Jahren ein entsprechendes Ergebnis brachte, ein alter Hut.

Sechs Bremer Schulen beteiligen sich seit 1998 am bundesweiten Modellversuch „Sinus“, der die deutsche Reaktion auf das schlechte Abschneiden bei der Studie war, erklärt Thomas Bethge vom Landesinstitut für Schule (LIS). Dieser Modellversuch hat im Endeffekt die gleiche Zielrichtung, wie ein neues Kooperationsprojekt zwischen dem Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven und vier Schulen in der Seestadt:

Das Pilotprojekt

Bis zum Abi erhalten 22 ElftklässlerInnen ihren naturwissenschaftlichen Unterricht im AWI. Das Ziel: Fächerübergreifendes, vernetztes und problemorientiertes Lernen. „Das ändert den Unterricht grundlegend“, sagt der Bremerhavener Schuldezernent Wolfgang Weiß. Er betont: „Gerade nach Pisa soll klar werden: Da passiert was.“

„Ist das Ökosystem Wattenmeer gefährdet?“, ist eine der Fragen, mit denen sich die SchülerInnen beschäftigen. Voraussetzung für die Bewerbung war, dass die SchulerInnen ein naturwissenschaftliches Abi mit Bio-Leistungskurs anstreben. Aus den insgesamt 40 InteressentInnen wurden sie per Test ausgewählt, die anderen 18 machen „normal“ Abi.

Für die Projektentwicklung und Erstaustattung hat das AWI bislang rund 650.000 Euro vorgestreckt und hofft nun darauf, dass die Helmholtzgemeinschaft, in der 16 deutsche Großforschungsinstitute zusammengeschlossen sind, den Drittmittelantrag des Instituts bewilligt.

Die anderen 94.000

Die anderen rund 94.000 SchülerInnen im Land Bremen, die nicht zu den 22 Auserwählten gehören, bekommen keine Drittmittel, sondern erstmalig in diesem Schuljahr „fachdidaktische Berater“, sagt Inge Grothus vom LIS. Die von Schule zu Schule ziehenden Didaktiker sollen helfen, den naturwissenschaftlichen Unterricht in Form und Inhalt umzugestalten, erklärt Grothus. Zeitgemäßere Themen oder neue Lehr- und Lernmethoden seien die Schlagworte. „Auch über das Misslingen neuer Ideen können die Berater etwas sagen“, ergänzt sie. Für alle Sek-1- und Sek-2-Schulen in Bremen Stadt gehen insgesamt sechs Experten auf Reisen.

Auch die nächsten „naturwissenschaftlichen Tage“ beschäftigen sich mit der Weiterentwicklung des Unterrichts, sagt Grothus.

Ausstattung

„Immerhin ist der Bildungsbereich zum ersten Mal von Kürzungen ausgenommen“, sagt der Bremerhavener Schuldezernent Weiß. LIS-Frau Grothus berichtet, dass ihr Institut den „dringenden Auftrag bekommen“ habe, sich um die Verbesserung im naturwissenschaftlichen Bereich zu kümmern. Da es dafür aber nicht mehr Personal gibt, müssen andere Arbeiten des LIS zurückgefahren werden.

Die Physik-Leistungskurs-SchülerInnen vom Bürgermeister-Smidt-Schulzentrum können immerhin während der Semesterferien an der Hochschule die dortigen Labore mitbenutzen. Ulrike Bendrat