BIRMA: GESPRÄCHE ZWISCHEN MILITÄRJUNTA UND OPPOSITION MÖGLICH
: Liberalisierung mit Hintergedanken

Beginnt nun endlich die Demokratisierung in Birma? Die internationale Gemeinschaft schöpfte schon neue Hoffnung, als Aung San Suu Kyi Anfang Mai nach 19 Monaten erneut aus einem Hausarrest entlassen worden war. Dieses Mal war die Friedensnobelpreisträgerin ohne irgendwelche Auflagen seitens der regierenden Junta freigelassen worden. Unbehelligt ist sie seitdem zweimal quer durchs Land gereist. Auch Büros ihrer Partei, der „Nationalen Liga für Demokratie“ (NLD), dürfen wieder eröffnen.

Doch Skeptiker hatten Recht, wenn sie der zunächst hoffnungsvoll erscheinenden Entwicklung misstrauten: Bereits kurz nach ihrer Freilassung wurde Suu Kyi von der Junta offiziell ignoriert. Und die NLD hat sich auffallend zurückhaltend gezeigt. Mit grundlegenden Reformen hatte das wenig zu tun. Viele politische Gefangene sind weiter in Haft, die ethnischen Minderheiten des Landes werden nach wie vor brutal unterdrückt und ausgebeutet. Vielmehr sieht es so aus, als ob die Reisen Suu Kyis ein Testballon waren. Die Junta wollte lediglich prüfen, ob die Opposition die Spielregeln auch wirklich einhält. Und die lauten nach wie vor: Keine Konfrontation, sondern Kooperation.

Wie auch immer: Anscheinend haben beide Seiten ihr Misstrauen so weit ausräumen können, dass in absehbarer Zeit Gespräche zwischen Suu Kyi und der Junta über die politische Führung des Landes beginnen können. Das schien bis vor kurzem undenkbar. Was das konkret bedeutet, vermag heute noch niemand zu sagen.

Klar ist nur: Den Großteil der Macht wird die Junta nicht aus der Hand geben. Und sie hat einen Hintergedanken: Sie verspricht sich eine finanzielle Belohnung für jedes Quäntchen Liberalisierung. Mit dieser Salamitaktik will man sich Freunde in der westlichen Welt schaffen; schließlich haben die wirtschaftlichen Sanktionen mit dazu beigetragen, das bitterarme Land in der westlichen Welt zu isolieren. Die internationale Gemeinschaft nimmt Birma nach den neuesten Nachrichten endlich wieder positiv wahr. Und genau darauf spekuliert die Junta. NICOLA GLASS