straßen, dichter, lokale:
Es gibt viele Arten, zu erfahren, warum die Portugiesen die Entdeckung der Luftfahrt für sich beanspruchen. Eine der angenehmsten ist ein Stadtbummel durch Lissabon, geführt von Werner Herzog. Der ehemalige Iberienkorrespondent der Frankfurter Rundschau und der Stuttgarter Nachrichten breitet in einem kleinen Band seine ganz persönlichen „literarischen Streifzüge durch die Stadt“ Lissabon aus.
Das Buch entführt in die Geschichte Lissabons, wirft aber auch einen Blick über die Grenzen. Fernweh nach dem zusammengebrochenen Kolonialreich, der Sieg der Christen über die Mauren, der Faschismus von Salazar oder die Revolution und ihre Träumer: alles hat tiefe Eindrücke im Bild der Metropole am Tejo hinterlassen.
Es braucht Ruhe und vor allem einen scharfen Blick, um die Geheimnisse Lissabons zu entschlüsseln. Die Gebäude geben ebenso Hinweise wie die Plätze und die Menschen. Ein Besuch eines der Lokale – eine Liste mit Empfehlungen liefert der Autor natürlich mit –, um dort bei Kaffee oder Wein oder einem Menü in einen Roman oder Gedichtband von Fernando Pessoa, Antonio Lobo Atunes, José Saramago oder dem großen italienischen Verehrer Lissabons, Antonio Tabucchi zu schmökern, all das öffnet den Blick.
Werner Herzogs Buch ist eine kunstvolle Gebrauchsanweisung für eine Stadt, die den Reisenden vom ersten Augenblick an gefangen nimmt und fortan gefangen hält. Die Bilder des portugiesischen Pressefotografen Antonio Pedro Ferreira steigern die Vorfreude und nähren, wieder zu Hause, das Fernweh nach Lissabon.
REINER WANDLER
Werner Herzog: Lissabon. Literarische Streifzüge durch die Stadt“, 2002, ISBN 3-8311-3436-7, Books on Demand bei Libri, 155 S., 11,90 €.
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