DIE ANSCHLÄGE IN PAKISTAN TREFFEN DIE CHRISTEN – UND MEINEN DIE USA
: Islamisten provozieren „Busharraf“

In Pakistan üben sich radikale Islamisten in diesen Tagen im „Zusammenstoß der Zivilisationen“. Von den sieben Anschlägen auf westliche Personen und Institutionen im ersten Halbjahr 2002 galten allein vier solchen mit einem christlichen Aushängeschild. Man mag dies damit erklären, dass das Christentum in Pakistan eine Kirche der Armen ist, die sich vor ihren Schulen, Spitälern und Kirchen keine teuren Sicherheitsdienste leisten können. Und der pakistanische Staat ist nicht bekannt dafür, dass er die Minderheiten schützt. Ihre Einrichtungen bilden daher leichte Angriffsziele auch für lokale Widersacher, ohne dass jedes Mal ein islamistisches Komplott vermutet werden muss.

Doch bei der Massierung der Attentate in den letzten vier Monaten wäre es töricht, die Augen vor den ideologischen Motiven zu verschließen. „Wir zahlen für den Antiterrorkrieg der USA in Afghanistan“, lautete die Reaktion eines Sprechers der christlichen Minderheit. Dieser Krieg hat sich inzwischen nach Pakistan verschoben, weil es den USA nicht gelungen ist, die Flucht von Taliban und al-Qaida ins Nachbarland zu verhindern. Dort finden sie ein Netzwerk von Gruppen, die ihre Identität und Motive aus dem Zerrbild einer christlich-zionistischen Verschwörung gegen den Islam gezimmert haben. Die armen Christen Pakistans sind für sie lediglich die verwundbare Nachhut eines übermächtigen Gegners.

Doch wäre es falsch, zur Erklärung vorschnell zur Huntington-These vom Krieg der Zivilisationen zu greifen. Die Angriffe auf christliche Institutionen sind in erster Linie politische Akte. Sie sollen Präsident Musharraf in Verlegenheit bringen, der als Handlanger von US-Interessen – „Busharraf“ lautet das Schimpfwort in Pakistan – gebrandmarkt werden soll.

Womöglich sollen sie ihn zu einer Repression gegen Islamisten provozieren, die dann alle Gläubigen unter die Fahne Mohammeds scharen würde. Damit beweisen die Attentäter aber auch, dass Pakistan trotz seiner Nähe zu Bushs „Krieg gegen das Böse“ dem religionspolitischen Virus noch nicht erlegen ist. BERNARD IMHASLY