Blair will sich nicht festlegen

Die Vasallentreue des britischen Regierungschefs zu US-Präsident Bush stößt in der Irakfrage auf Kritik in den eigenen Reihen, der Kirche und der Bevölkerung

DUBLIN taz ■ Er wolle sich „nicht festlegen lassen“, sagt Tony Blair. Der britische Premierminister, der zur Zeit auf Urlaub in Frankreich ist, äußerte sich sowohl in der parlamentarischen Fragestunde als auch auf der letzten Pressekonferenz vor der Sommerpause ausweichend über die Kriegspläne gegen den Irak. So bleibt genügend Raum für Spekulationen.

Tam Dalyell, Labour-Veteran und Alterspräsident des Unterhauses, verlangte, dass das Parlament aus der Sommerpause zurückgerufen wird, um über die Lage zu debattieren. „Es ist angeblich immer zu früh, über eine Rückrufung des Parlaments zu entscheiden – bis es zu spät ist“, sagte Dalyell. „Meine Kollegen müssen begreifen, dass sie vor der wichtigsten Entscheidung ihres politischen Lebens stehen, und wir alle werden später Rechenschaft ablegen müssen.“

Sein Labour-Kollege David Winnick bezeichnete ihn als „Beschwichtiger von militärischen und kriminellen Diktatoren“ und fügte hinzu, dass man ihn nicht allzu ernst nehmen solle. Winnick behauptet, die meisten Labour-Hinterbänkler befürworteten eine Invasion des Irak. Doch 130 von ihnen haben die Antikriegspetition der linken Labour-Abgeordneten Alice Mahon unterzeichnet, dazu eine Reihe Liberaler Demokraten und sämtliche Vertreter der separatistischen Parteien aus Wales, Schottland und Nordirland – jedoch kein einziger Tory.

Die christliche Friedensgruppe Pax Christi reichte am Dienstag ebenfalls eine Petition bei der Regierung ein, in der ein Krieg gegen den Irak als „unmoralisch und illegal“ bezeichnet wird. Die Petition wurde von 2.500 Menschen unterschrieben, darunter der designierte Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, sowie die Bischöfe von Oxford und Coventry.

Der schottische Labour-Abgeordnete George Galloway, der sich zur Zeit in Bagdad zu Gesprächen mit der irakischen Regierung aufhält, sagte: „Gott sei Dank, dass es die Kirchen gibt. In der ganzen Welt herrscht Angst, die an Panik grenzt, dass wir schlafwandlerisch auf eine Katastrophe zusteuern.“ Galloway kehrt heute nach London zurück und geht ab nächste Woche auf Rundreise durch Britannien, um für die Antikriegsdemonstration am 28. September in London zu werben. 52 Prozent der Bevölkerung sind laut Umfragen gegen den Krieg.

Die irakische Regierung setzt ihre Hoffnung darauf, dass Großbritannien keine militärische Aktion unterstützt. Mudhafar Amin, Bagdads Repräsentant in London, sagte, Außenminister Naji Sabri sei jederzeit zu Gesprächen in Großbritannien bereit. Ohne britische diplomatische und militärische Hilfe, so glaubt Amin, werden die USA den Irak nicht angreifen.

Es ist jedoch kaum zu erwarten, dass Blair eine Entscheidung treffen wird, die Bushs Wünschen widerspricht. Toby Dodge vom Institut für internationale Angelegenheiten sagte: „Ich kann mir kein einziges Szenario vorstellen, bei dem Blair sich von Bush trennt.“ RALF SOTSCHECK