Ökobauern verklagen Agrarkonzerne

Genraps vermiest kanadischen Ökobauern das Geschäft: Ihre Verluste schätzen sie auf bis zu 100 Millionen Dollar. Nun droht auch noch Genweizen. Marc Loiselle will sich das nicht mehr bieten lassen – und zieht gegen Monsanto und Bayer vor Gericht

Interview HANNA GERSMANN

Zwei Ökobauern klagen stellvertretend für die 1.000 Ökobauern des kandischen Bundesstaates Saskatchewan gegen zwei Agrarkonzerne. Marc Loiselle ist einer davon. Hart Haidn, der Gründer des kanadischen Zentrums für nachhaltige Landwirtschaft, unterstützt ihn.

taz: Sie kämpfen gegen die Goliaths der Biotech-Branche. Welche Chance haben Sie?

Hart Haidn: Philip Morris, der mächtige Tabakkonzern, musste sich nach Schadenersatzklagen von krebskranken Rauchern auch geschlagen geben. Wir haben keine Angst vor den Großen. Selbst wenn die Ökobauern nur in Teilen Recht bekommen, ist das ein Erfolg.

Warum klagen Sie?

Marc Loiselle: Manipulierte Gene müssen als Schadstoffe anerkannt werden. Monsanto und Bayer haben den großflächigen Anbau von Genraps nicht einmal genehmigen lassen. Wir wollen klarstellen, dass das unrechtmäßig war. Zudem hätten sie die Farmer über die Risiken aufklären müssen. Nun breitet sich der Genraps unkontrolliert aus und macht auch vor unseren Feldern nicht halt. Die Konzerne tun nichts dagegen. Deshalb fordern wir Schadenersatz.

Das müssen Sie erklären.

Loiselle: Ökobauern müssen gentechnikfrei produzieren. Das können wir beim Raps nicht mehr garantieren. So sind uns Märkte weggebrochen. Es geht um Schäden bis zu hundert Millionen Dollar. Genauer können wir das jetzt noch nicht sagen. Aber noch heftiger als der Raps, würde uns der Genweizen treffen. Monsanto plant den konventionellen Anbau 2004. Das wollen, müssen wir verhindern. Weizen macht 25 bis 30 Prozent unseres Einkommens aus.

Wie haben Monsanto und Bayer reagiert?

Loiselle: Es gibt keine öffentliche Reaktion. In einer Sitzung vor Gericht haben sie lediglich gesagt, sie würden keine Aussagen zu ihrer Verteidigung abgeben. Das wäre aber der nächste Schritt gewesen.

Haidn: Natürlich versuchen beide Unternehmen das Verfahren zu verschleppen und die Kosten in die Höhe zu treiben. So wollen sie die Ökobauern dazu bringen aufzugeben.

Wie lange halten Sie durch?

Loiselle: Die Farmer in unserer Region leiden derzeit unter einer extremen Trockenheit. Da haben sie keinen Dollar extra, um uns zu unterstützen. Aber wir haben ein ganz gutes Polster.

Regierung und Bauern klagen Sie nicht an?

Loiselle: Nein, die Farmer ganz sicher nicht. Sie wussten nichts von den Risiken. Die Regierung später vielleicht schon. Sie stempeln die Genehmigungen.

Haidn: Eigentlich im Sinne des Gemeinwohls. Die entscheiden aber immer nur im Sinne der Firmen.

Letztere sind die Gewinner?

Haidn: Die Verbraucher profitieren nicht. Und das Argument, wir brauchten die Gentechnik, um die Welt zu ernähren, ist Unsinn. Es geht nur um Macht und Kontrolle: Die Biotech-Unternehmen dominieren den Markt.

Loiselle: Sie entwickeln eine Pflanze, die gegen ihre Unkrautvernichtungsmittel resistent ist. So können sie ihre Chemikalien besser verkaufen, mit denen sie ihr eigentliches Geld machen. Samen und Herbizide – ein Rundum-Paket.

Nicht in Deutschland, wo der kommerzielle Anbau verboten ist.

Loiselle: Noch. Bayer testet in Deutschland bereits den Anbau von Genraps. Erlaubt die Regierung mehr, drohen kanadische Verhältnisse. Dann hat keiner mehr die Wahl zwischen Gentech-freiem und manipuliertem Essen. Lasst das nicht zu!

Haidn: Und wenn die EU umkippen würde, wäre das mehr als unglücklich. Auch für uns.

Würden Sie verlieren, was hieße das für den Ökolandbau?

Loiselle: Verlieren wir sowohl beim Raps als auch beim Weizen, ist der Ökolandbau am Ende.