Riester-Rente – Top oder Flop?

30 Prozent der Deutschen geben an, dass sie sich nicht um eine private Altersvorsorge kümmern wollen, 48 Prozent haben sich noch nicht informiert

von ULRIKE HERRMANN

Rente – das ist ein Neidthema. Inzwischen hat fast jeder Versicherte das Gefühl, dass er mehr einzahlt, als er je herausbekommen wird. Und für die Altersgruppe der heute rund 40-jährigen stimmt das auch. Dennoch ist die Rente kein dominantes Thema im Wahlkampf.

Denn die Rente ist auch eines dieser leidigen Probleme, die man gern verdrängt. So haben 84 Prozent der Bundesbürger inzwischen gehört, dass man sich auf die gesetzliche Rente allein nicht mehr verlassen kann. Aber auf diese Erkenntnis folgt nichts. 30 Prozent der Deutschen geben an, dass sie sich überhaupt nicht um eine private Altersvorsorge kümmern wollen, und 48 Prozent haben sich immer noch nicht über die Riester-Rente informiert. Aber auch ohne nähere Kenntnis wissen die Bundesbürger, was sie von der jüngsten Rentenreform zu halten haben: gar nichts. 72 Prozent lehnen die Riester-Rente ab. Diese Statistik der Befindlichkeit, auch „Rentenbarometer“ genannt, hat das Deutsche Institut für Altersvorsorge im Juni ermittelt.

Ist die Riester-Rente ein Flop? Es könnte so wirken. 32 Millionen Angestellte und Beamte sind von der Rentenreform betroffen. Aber bisher konnten sich nur wenige von ihnen zu einer staatlich geförderten Altersvorsorge durchringen. Beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft zählt man momentan 2,3 Millionen private Rentenverträge.

Die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersvorsorge kann noch mit keinen konkreten Zahlen aufwarten, wie viele Arbeitnehmer sich für eine Direktversicherung, eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds entschieden haben. Eine Umfrage im Juli ergab allerdings, dass immerhin 90 Prozent aller Betriebe begonnen haben, die Rentenreform umzusetzen und Angebote zu erarbeiten.

Top oder Flop? Auffällig ist zumindest, dass niemand eine Alternative zur Riester-Rente vorschlägt. Kleine Verbesserungsideen gibt es, aber keine radikale Systemkritik. Auch das erklärt, warum das Thema Rente so selten im Wahlkampf auftaucht.

Zu den kleinen Korrekturvorschlägen gehört etwa der Wunsch der Verbraucherschützer, dass im Todesfall nicht nur der Ehepartner die Rentengarantien des Verstorbenen erben kann. Doch insgesamt sind die Verbraucherschützer angetan. Sie schätzen vor allem einen Nebeneffekt, den „bisher kaum jemand sieht“, so Renten-Experte Wolfgang Scholl. Endlich würde klar, wie hoch die Provisionen der Versicherungsgesellschaften tatsächlich sind, wie unsinnig gut sie an ihren Policen verdienen. „Es ist das große Verdienst dieses Arbeitsministers, dass er die Transparenzdiskussion geführt hat.“

Aber vielleicht sind die bisher versteckten Provisionen nicht das größte Problem. Kürzlich sah sich das Arbeitsministerium gezwungen, die Losung auszugeben: „Die Riester-Renten sind sicher.“ Denn das ist keinesfalls mehr selbstverständlich, seitdem die Pensionsfonds in den USA und in Großbritannien durch die weltweiten Aktienverluste in Bedrängnis geraten sind. Also wies das Arbeitsministerium unter anderem auf den „Pensionssicherungsverein in Köln“ hin und auf die gesetzlich vorgeschriebene Risikostreuung. Seither ist wieder Ruhe.

Sie dürfte allerdings vorläufig sein. Denn inzwischen wurde klar, dass auch die Riester-Rente nicht verhindern kann, dass die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung weiter steigen. Die Regierung rechnet in ihrem Haushaltsentwurf damit, dass sich der Beitragssatz im nächsten Jahr von 19,1 auf 19,3 Prozent erhöht.

In Wahrheit ist der Anstieg noch weit dramatischer. Er wird gebremst, weil gleichzeitig die letzte Stufe der Ökosteuer in Kraft tritt. Sie sorgt schon bisher dafür, dass die Rentenbeiträge um 1,5 Prozentpunkte niedriger liegen, als es sonst rechnerisch nötig wäre.

Trotzdem bleibt die Regierung dabei: Bis zum Jahre 2020 soll der Rentenbeitrag nicht über 20 Prozent und bis 2030 nicht über 22 Prozent steigen. Doch bisher war noch keine deutsche Rentenreform endgültig, sondern hat höchstens acht Jahre gehalten, wie der Wirtschaftsweise Bert Rürup kürzlich ausgerechnet hat.