Beleidigte Beamte

Mobbing-Experte Fleissner vor Gericht: Hat er den Finanzpräsidenten einen „Psychoterroristen“ genannt? Zeuge legt sich nicht fest, die Staatsanwältin schon

Ein Finanzdirektor hört von einem Untergebenen, dass jemand ihn am Telefon als „obersten Psychoterroristen“ bezeichnet habe. Der Finanzdirektor kennt diesen Menschen. Es ist der Mobbing-Experte Alfred Fleissner, in der Hamburger Oberfinanzdirektion kein Unbekannter, weil er dort in einem Mobbing-Fall seit über zwei Jahren eine Zöllnerin betreut. Doch statt Fleissner einfach anzurufen und die angebliche Beleidigung zu klären, erstattet der gekränkte Beamte Strafanzeige (taz hamburg berichtete). Gestern war der erste Verhandlungstag vor dem Amtsgericht.

Dabei stellte sich heraus: Wenn sich Finanzbeamte beleidigt fühlen, gehen sie mit den Finanzen der Hamburger sehr freigiebig um. Denn zu klären, ob Fleissner Finanzdirektor Alois Schikora nun tatsächlich als „Psychoterroristen“ bezeichnet habe oder nicht, wird mindestens drei weitere Verhandlungstage dauern. Diverse Zeugen müssen sich an genaue Wortlaute erinnern, die Geschichte der gemobbten Zöllnerin wird öffentlich verhandelt.

Und dann wird es wohl vor dem Landgericht weitergehen. Denn Fleissner will einen Freispruch. Für die Staatsanwältin aber – sie kam zu spät, ohne Robe, ohne Papiere und ohne die Akte gelesen zu haben – stand bereits nach der Vernehmung des ersten von vier Zeugen fest: „Es läuft alles auf eine Verurteilung hinaus.“ Ein Freispruch sei „völlig ausgeschlossen“.

Dabei hatte der Zeuge sich alles andere als eindeutig über das Telefongespräch mit Fleissner geäußert: „Ich kann den Satz nicht mehr zitieren“, aber „sinngemäß“ habe Fleissner gesagt‚ der Präsident agiere wie ein „oberster Psychoterrorist“.

Kognitionswissenschaftler Fleissner sagte, er habe den leitenden Finanzbeamten nicht beleidigen wollen, „aber wie eine Botschaft ankommt, bestimmt nicht der Sender, sondern der Empfänger“. Er glaubt, der Beamte habe ihn missverstanden. Weil es auch der Staatsanwältin unverhältnismäßig erschien, in dieser Angelegenheit ein Gericht noch tagelang zu beschäftigen, schlug sie vor, das Verfahren einzustellen, „gegen eine Geldbuße“. Das lehnte Fleissner natürlich ab. SANDRA WILSDORF

Fortsetzung am 23. August um 9 Uhr