Managern drohen harte Zeiten

SPD und Union nehmen Vorstände und Aufsichtsräte ins Visier. Persönliche Geldstrafen für falsche Information geplant. Aktionäre sollen mehr Rechte bekommen – unter anderem auf individuellen Schadenersatzanspruch gegen die Manager

von BEATE WILLMS

Mit 4,679 Millionen Wählerstimmen allein – so viele Aktionäre zählte das Deutsche Aktieninstitut im ersten Halbjahr – kann man keine Bundestagswahl gewinnen. Aber sie können auch nicht schaden. Nachdem Bundesfinanzminister Hans Eichel und Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (beide SPD) Ende Juli angekündigt hatten, den Anlegerschutz zu verbessern, hat nun auch die Bundestagsfraktion von CDU/CSU entsprechende Pläne vorgelegt. In den Entwürfen zum Aktien- und zum Kapitalmarktrecht geht es vor allem darum, den Aktionären mehr Rechte gegenüber dem Management zu verschaffen.

Konkret sollen Manager künftig privat haften, wenn sie „vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit“ falsche Ad-hoc-Meldungen veröffentlichen. Aus dem gleichen Grund können Aktionäre bereits jetzt Schadenersatz verlangen – allerdings nur vom Unternehmen. Die Höhe des Anspruchs soll sich nach dem tatsächlichen Verlust richten: So soll ein Anteilseigner, der innerhalb von sechs Monaten nach der falschen Information Aktien gekauft oder verkauft hat, die Differenz zwischen seinem Kauf- oder Verkaufspreis und dem Börsenwert nach Ablauf dieser Frist ersetzt bekommen. Bei grober Fahrlässigkeit will die Unionsfraktion die Gesamthöhe des möglichen Anspruchs auf 2,5 Millionen Euro beschränken.

Zusätzlich plant sie für Vorstandsmitglieder, die „ihre Sorgfaltspflicht“ verletzt haben und das der Hauptversammlung nicht entlastend erklären können, Strafen in Höhe des letzten Jahresgehalts. Bei Aufsichtsräten ist eine Summe „in Höhe der Vergütung der letzten drei Kalenderjahre“ im Gespräch. Nicht vorgesehen ist aber, dass die Aktionäre die Manager auch bei Bilanzmanipulationen direkt zur Verantwortung ziehen können.

Die Vorschläge der SPD, die allerdings noch zwischen dem Finanz- und dem Justizministerium abgestimmt werden müssen, gehen da weiter. Nach den bislang bekannten Informationen wollen die Sozialdemokraten ebenfalls eine individuelle Haftung von Vorständen und Aufsichtsräten einführen, die aber auch für falsche Bilanzen, Geschäftsberichte und sonstige börsenrelevante Äußerungen gelten würde. Um es Aktionären leichter zu machen, ihre Rechte auch vor Gericht einzuklagen, sollen sie Klagen demnächst bündeln oder sogar Sammelklagen nach dem Vorbild der USA einreichen können – eine Möglichkeit, die die Union wegen „verfassungsrechtlicher Bedenken“ ablehnt.

Aktionärsschützer freuten sich über die parteiübergreifenden Ansätze zum Anlegerschutz. „Die persönliche Haftung für Manager haben wir schon bei der Diskussion um das 4. Finanzmarktförderungsgesetz gefordert“, sagte Reinhild Keitel von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre der taz. Wenn ein Anteilseigner nur gegen das Unternehmen klagen könne, müsse er „praktisch gegen sich selbst“ klagen. Bestenfalls gebe es eine Vermögensumverteilung zwischen klagenden und nichtklagenden Aktionären. Allerdings müssen die Haftung auch über falsche Ad-hoc-Meldungen hinaus ausgedehnt werden: „Es muss doch genauso ernst genommen werden, wenn ein Vorstand auf der Hauptversammlung oder in öffentlichen Interviews falsch informiert.“

Was von den Plänen der Parteien nach der Bundestagswahl übrig bleibt, ist allerdings fraglich. Das zeigt schon die Reaktion des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) auf das US-Gesetzpaket gegen Bilanzbetrug. Danach müssen die Vorstandschefs und Finanzvorstände der an ihren Börsen gelisteten Unternehmen alle Jahresabschlüsse und Zwischenabschlüsse beeiden, Verstöße werden mit Geldstrafen bis zu 5 Millionen US-Dollar und bis zu 20 Jahren Haft bestraft. Da diese Regel vermutlich auch 24 deutsche Unternehmen betrifft, hat der BDI die Europäische Union angerufen, „rechtliche Mittel“ einzulegen. Zu den Plänen der deutschen Parteien wollte er sich nicht äußern.