Smog verdüstert Asiens Aussichten

Dicke braune Dreckwolken über Indischem Ozean. Sie verändern das Wetter, bedrohen die Wirtschaft und gefährden hundertausende von Menschen. Die Auswirkungen sind über die Region hinaus zu spüren, warnen die Vereinten Nationen

aus Berlin HANNA GERSMANN

Die Luftverschmutzung in Südasien habe solche Ausmaße angenommen, dass die Wirtschaft der Region stark bedroht ist. Diese düstere Prognose stellten gestern Wissenschaftler in London. Für das Umweltprogramm der Vereinten Nationen Unep hatten sie in einem rund 20 Millionen Euro Projekt von 1995 bis 1999 die Atmosphäre über dem indischen Ozean per Flugzeug, Schiff und Satelliten untersucht. Die Daten haben sie nun ausgewertet.

Einer der Spezialisten ist Paul Crutzen vomMax-Planck-Institut für Chemie in Mainz. Ein drei Kilometer dicker „brauner asiatische Dunstschleier“ aus Asche, Säuren und anderen kleinsten Partikeln habe sich – vom Kontinent kommend – übers Meer gelegt, berichtet er. Durch die dichte rauchige Schmutzdecke erreichten die Erde nur noch noch weniger als 90 Prozent der Sonnenstrahlen. Am Boden werde es so kälter, über der Schmutzschicht wärmer. In Indien beispielsweise sei die Reisernte im Winter deshalb bereits um 10 Prozent zurückgegangen.

Auch verschiebe sich vermutlich der bisher gewohnte Rhythmus des winterlichen Monsunregens. Künftig werde es im Westen weniger regnen als bisher. In Nordwestindien und Pakistan etwa drohten Dürren. Im Osten, dazu zählt er Bangladesch, Nepal und Nordostindien, werde es hingegen häufiger zu Überschwemmungen kommen. Vor allem sei aber die Gesundheit von hunderttausenden Menschen ernsthaft gefährdet. Der Dauersmog führe zu lebensbedrohenden Atemwegserkrankungen.

Unep-Direktor Klaus Töpfer erläuterte gestern die Ursachen: Der Dunstschleier gehe auf Waldbrände, Autos, Industrie und Kraftwerke zurück. Schuld seien aber vor allem Millionen ineffizienter Kochgeräte, die mit Holz, Kuhdung und anderen Bio-Stoffen geheizt würden – wie übrigens auch in vielen Teilen Afrikas und Südamerikas. Und durch den erwarteten Bevölkerungszuwachs würden sich die Probleme in den nächsten 30 Jahren noch einmal massiv verstärken, warnte der ehemalige Bundesumweltminster. Unabsehbar seien die Folgen für Lebensbedingungen und Wirtschaft in Südostasien.

Dass es nicht bei dieser Region bleibt, darauf wies Crutzen hin. Der Luftcocktail, der sich bis in 3.000 Meter Höhe erstreckt, könne innerhalb eines Monats etwa bis nach Nordamerika verfrachtet werden. Möglich, dass dann auch dort die Temperaturen sänken, die Verdunstung zurückgehe, der Regen abnehme. Als Folge würden die Luftverunreinigungen auch noch langsamer ausgewaschen. Bisher könnten sie diese globalen Zusammenhänge nur vermuten. Dringend seien weitere Studien erforderlich.