Rechtsstaat fressen

Innenbehörde will polizeiliche Aufgaben auf den Verfassungsschutz übertragen. Koalitionspartner FDP ist skeptisch, die GAL ist rundweg dagegen

Die Hüter des Rechtsstaates begehren auf. Hamburgs FDP verlangt Aufklärung über die Notwendigkeit von Anti-Terror-Maßnahmen, welche die Innenbehörde plant. Diese will das Verfassungsschutzgesetz ändern, um den Geheimdienst zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität einsetzen zu können. Die Behörde müsse „darlegen, was sie sich davon verspricht“, forderte der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion Leif Schrader.

Die GAL erklärte gestern, sie lehne die Übertragung polizeilicher Aufgaben auf den Verfassungsschutz rundweg ab. Das wäre, kritisierte ihr innenpolitischer Sprecher Manfred Mahr, „ein weiterer Schritt zur Abkehr von der klaren Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten“. Diese Planung der Behörde von Innensenator Ronald Schill hatte dessen Staatsrat Walter Wellinghausen (SPD) gestern angedroht. Einen Tag nach der Vorstellung des neuen Verfassungsschutz-Chefs Heino Vahldieck (CDU) begründete der Staatsrat seinen Vorstoß damit, dass „organisierte Kriminalität und Terrorismus sich immer stärker vermischen“.

Mit der Änderung des Verfassungsschutzgesetzes solle das Sicherheitspaket II, das die Bundesregierung nach den Terroranschlägen vom 11. September aufgelegt hatte, auf Landesebene umgesetzt werden. Damit erhielte der Verfassungsschutz erweiterte Rechte, etwa bei der Telefonüberwachung. Die Gesetzesvorschläge sollen in den kommenden Wochen in den Regierungsfraktionen von CDU, FDP und Schill-Partei beraten werden.

Insbesondere die Liberalen stehen damit verbundenen Einschränkungen von Persönlichkeitsrechten kritisch gegenüber. Als „logistische Plattform“ der Täter vom 11. September sei Hamburg jedoch in einer „besonderen Situation“, sagte Schrader, ohne näher zu erläutern, was er damit meinen könnte.

Der grüne Mahr, im Hauptberuf selbst Polizist, ging demgegenüber in die Vollen. Er beschuldigte Schills Innenbehörde, „rechtsstaatliche Werte dem Populismus und den eigenen Machtambitionen zum Fraß vorzuwerfen“. smv / lno