Im Wedding nichts Neues

Eine Ausstellung im Gesundbrunnen-Center präsentiert 110 Jahre Hertha BSC. Vieles davon war schon 1997 zu sehen

Rentner, Reden und Riesling. Gemütlich läuft die Eröffnung der Ausstellung „110 Jahre Hertha“ im Einkaufszentrum Gesundbrunnen an. Vor allem ältere Fußballfans tummeln sich am Donnerstag in den blauweiß beflaggten Weddinger Konsumhallen, nippen an Gratiswein aus Plastebechern und lauschen Mittes Bürgermeister Joachim Zeller (CDU) zur Hertha-Rezeption in der DDR. „Wenn damals in der Chauseestraße Halle gegen den Berliner Fußballclub spielte und es passierte nichts auf dem Feld, dann schrieen plötzlich tausende Fans Tor!“ Alle hätten nämlich ob des langweiligen Zonengegurkes Radios mitgebracht und per Feindsender die Hertha goutiert.

Zellers Ossi-Anekdote wird zünftig beklatscht, hier kann man Herzen mit solchen Geschichten streicheln. Besonders wenn Herthas Auszug aus dem Wedding auch nach dreißig Jahren nicht verwunden ist. „Eine Schweinerei war das“, schnauft ein dicker Mann mit grauem Haarkranz. Seinen Namen will er nicht sagen, er ist Vereinsmitglied.

Ab 1963 machte Hertha BSC als Mitglied der damals neu gegründeten Bundesliga erste Spiele im Olympiastadion und nicht mehr an der „Plumpe“, ganz in der Nähe des heutigen Gesundbrunnen-Centers. Zehn Jahre später musste die Hertha die „Plumpe“ wegen Geldnot verkaufen und in die Nähe des Theodor-Heuss-Platzes ziehen. „Um die alten Weddinger Wurzeln zu würdigen“, waren die Hertha-Oberen mit dem Ausstellungsort Einkaufsmeile einverstanden. Aufgestellt hat der Veranstalter Heimatverein Wedding vor allem alte Spielertrikots und Tafeln, auf denen die Hertha-Geschichte rekapituliert wird. Allzu schönfärberisch sind die Texte nicht geraten, aber es wurden Prioritäten gesetzt. Wird die Stasi-Verfolgung des in der DDR lebenden Hertha-Fans Helmut Kopfleisch ausführlich behandelt, muss sich der Besucher Informationen zur Nazi-Vergangenheit des Fußballvereins zusammenklauben. Dass es bei der Hertha Hooligans gibt, wird nur unter der Bedingung zugestanden, dass die Presse Fußballfans zum Kampfe schreibt.

Ahmed und Daniel, zwei der wenigen Jugendlichen hier, staunen vor einem Hertha-Trikot von 1985/86 und können kaum glauben, dass ihr Verein damals vom Freizeitbad „blub“ gesponsert wurde. „Waren die arm dran“, lacht Daniel. „Echt interessant, dass die mal vom blub gesponsert wurden.“ Ansonsten finden beide das Hertha-Museum am Gesundbrunnen „eher arm“. Nur drei Tafeln sind neu, der Rest war schon 1997 zu sehen. „Außerdem gibt es hier bloß billige Souvenirs“, regt sich der Spandauer Hertha-Fan Helmut Käne über die Buden mit weißblauen Bierkrügen, Stickern, Schals und Winkelementen auf. Er zieht seine Frau weiter, die gerade billig eine blaue Schüssel erstanden hat. „Komm Ilse, hier gibt es nichts zu sehen.“ DANIEL SCHULZ