Das Pingpong-Problem

Zwischen Fricken- und Plüderhausen das gleiche Lied: Die Tischtennisvereine der Bundesliga klagen zum Saisonstart über fehlendes Geld und die Abwanderung von Fachkräften

von HARTMUT METZ

Die Tischtennis-Bundesliga verspricht spannender denn je zu werden – trotzdem warteten die zehn Vereine vergeblich darauf, dass die Sponsoren vor der heute beginnenden Meisterschaft ihr Füllhorn über ihnen ausschütten. Die Hoffnungen auf einen Boom hatte Timo Boll genährt. Im April war der Spitzenspieler des TTV Gönnern Europameister im Einzel wie im Doppel mit Zoltan Fejer-Konnerth geworden. Außer bei dem neuen deutschen Pingpong-Star, der für sich eine „positive Entwicklung“ nach einigen Sponsorengesprächen ausmachte, bleibt bei vielen Klubs beim Alten.

Glück hatte Rekordmeister Borussia Düsseldorf. Die „Boygroup“ mit den Nationalspielern Lars Hielscher (23), Bastian Steger (21) und dem frisch gebackenen dreifachen Jugend-Europameister Christian Süß (17) profitiert ebenso wie Boll und die Auswahlteams des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) von der Unterstützung eines Anlagenbau- und Chemieunternehmens. Vorstandsvorsitzender Karl Josef Neukirchen wollte ein „Signal gegen die einseitige Konzentration von Sponsorengeldern auf einige wenige publikumsträchtige Fernsehsportarten setzen“. Die hehre Absicht des Mitglieds im Stiftungsrat der Deutschen Sporthilfe bringt aber kaum zusätzliches Geld zum Tischtennis, da zuvor der vieljährige Sponsor Opel sein Engagement für die Nationalmannschaft wie auch für Borussia Düsseldorf gestrichen hatte.

Die Probleme zeigen sich bei der SV Plüderhausen, Aufsteiger TTC Karlsruhe-Neureut und der DJK Offenburg, die erst in letzter Instanz die Lizenz erhielten. Die Nachbarn Jülich und Hoengen fusionierten gar, um gemeinsam künftig mehr Geld und bessere Chancen zu haben. Selbst Titelverteidiger TTC Grenzau backt kleinere Brötchen. Klubchef Manfred Gstettner gab Erfolgscoach Andrzej Grubba nach 14 Titeln den Laufpass, weil der Pole zu viel Gehalt gefordert hatte. Petr Korbel, der künftig wie der griechische Vizeeuropameister Kalinikos Kreanga (TTF Ochsenhausen) lieber im mit Millionen Dollar dotierten Japan Circuit schmettert, wird im Westerwald durch seinen deutlich schwächeren tschechischen Landsmann Marek Klasek ersetzt.

„Wir versuchen, endlich Meister zu werden“, gesteht Boll. Zum Topfavoriten kürt der Weltranglistenfünfte allerdings den TTC Frickenhausen. Gönnerns Manko besteht darin, dass Jörg Roßkopf nach neunmonatiger Verletzungspause auch zuweilen in Japan zu spielen gedenkt. Nach dem Wechsel von Bolls Doppelpartner Fejer-Konnerth zu Karlsruhe-Neureut steht dem Pokalsieger nur noch der Landauer Zweitligaspieler Nico Stehle als Ersatz zur Verfügung. Dass Grenzau, Gönnern und Frickenhausen, die mit dem französischen Weltranglisten-29. Damien Eloi den einzigen spektakulären Zugang verzeichneten, drei der vier Playoff-Plätze belegen, scheint ausgemacht.

Bei der Frage nach den zwei Absteigern fallen die Namen Offenburg, Karlsruhe und die bisherige TTG Weitmar-Munscheid am häufigsten. Ausgerechnet der Aufsteiger aus Bochum muss sich um die Finanzen überhaupt keine Sorgen machen. „Wer bezahlt, bestimmt die Musik“, lautet das Credo von Frank Müller, der gerne auf die Pauke haut. Der umtriebige Sanierer von Altbauten streckt den Löwenanteil des Etats von rund 250.000 Euro vor und hat in seinem komplett umgekrempelten Kader acht Spieler stehen – Mitkonkurrent Offenburg versucht derweil mit dem die Kasse schonenden Minimum von vier Akteuren auszukommen.

An Position neun bietet sich Müller überdies selbst auf. Das nicht gerade sportlich wirkende Unikum, bei dem über 80 kg auf 1,73 m verteilt sind, begann 1981 mit Tischtennis. Von der Kreisklasse III durchlief der Materialspieler – ihm trugen seine Noppenbeläge in Kooperation mit seiner Statur den Spitznamen „Nilpferd mit Noppen“ ein – sämtliche Ligen. „Zumindest eine Saison lasse ich mir den Spaß etwas kosten“, erklärt Müller. Weil das „alle Bundesligisten machen, die einen Hauptsponsor haben“, benannte der 38-jährige Klubchef seinen Verein kurzerhand um in TTG Müller Munscheid. Mit seiner Truppe will er den Klassenerhalt schaffen – und er selbst mindestens ein Einzel gewinnen. „Den Offenburger Andrianow habe ich schon im Pokal geschlagen“, sagt Herr Müller von Müller Munscheid.