Herr Herbst zeigt Hamburg

Ein knappes Jahrhundert Hamburger Hochbahn zeigen die Endlosfilme im Metropolis. Allerdings hat die Geschichte eine eigentümliche Lücke: Von 1928 bis 1951 gibt es keine Filme

von CHRISTIANE MÜLLER-LOBECK

„Auch das kommt vor: Dieses Signal ist defekt.“ Wäre Bodo Menck, der Regisseur des 1915 gedrehten Kurzfilms Magische Signale seinerzeit mit den PR-Wassern der heutigen Zeit gewaschen gewesen, er hätte diesen Satz 1951 sicher herausgeschnitten. Selbstgewiss präsentiert ihn nun die Hamburger Hochbahn AG – ungekürzt – zusammen mit dem Metropolis-Kino anlässlich ihres 90. Geburtstags: Als einen von neun Filmen über den Hamburger Öffentlichen Nahverkehr, die ab sofort jeden Nachmittag in einer Endlosschlaufe auf großer Leinwand zu sehen sind. Für Besitzer einer gültigen HVV-Karte ist der Eintritt kostenlos.

Der bekannteste und mit 35 Minuten längste der Filme, Hamburg hat‘s eilig, leistete sich 1928 sogar eine Erzählhandlung: Herr Herbst, pensionierter Straßenbahnbeamter, soll dem Sohn eines Freundes vom Lande das schöne Hamburg zeigen. Was liegt da näher, als ihm, Sehenswürdigkeiten abfahrend, die Funktionsweise des Nahverkehrs der Stadt zu erklären und obendrein das Kraftwerk der Hochbahn zu präsentieren. Hein Puttfarken allerdings findet die schöne Tochter des Rentners weit attraktiver.

Die Filme des Programms – der jüngste von 1970 – versammeln viel Kurioses, einiges bis heute Wissenswertes über Stellwerke oder den U-Bahnbau unter der Alster und viele Hamburgensien. Nur wenige von ihnen sind explizite Werbefilme. Allerdings liegt wohl nahe, das stetig Verluste einfahrende städtische Unternehmen nutze die Präsentation wie auch die interaktive Ausstellung im Museum der Arbeit 90 Jahre U-Bahn in Hamburg bis Ende dieses Monats für ein bisschen zeitgemäße PR – da darf ein augenzwinkernder Blick auf weniger geschickte Selbstdarstellungen schon mal sein.

Wie in der Ausstellung, klafft auch bei den Filmen zwischen 1928 und 1951 eine eigentümliche Lücke. Auf ihrer Homepage weiß die Hochbahn: Auch sie musste sich ... „dem Diktat des Nationalsozialismus unterstellen: 1933 wurden etwa 260 Hochbahner aus politischen, rassischen oder anderen Gründen fristlos entlassen.“ In jener Zeit, „bei schweren Reparaturarbeiten, insbesondere im Gleisbau setzte die HOCHBAHN auch ausländische Arbeiter ein“. Vielleicht gibt es ja zum 100. Jubiläum eine Auseinandersetzung damit, dass Zwangsarbeiter für die Hochbahn geschuftet haben.