Unheimlich schwer beherrschbar

Wer gegen die Folgen von heftigen Regengüssen gefeit sein will, muss sich mit Bedacht versichern. Für das Risiko von Ausnahme-Ereignissen wie am 1. August ist ein Zuschlag fällig. Bei Sturmfluten hilft nur der liebe Gott

von GERNOT KNÖDLER

Vom Sommer 2002 sind die Versicherungen nicht erbaut. „Wir haben ein ganz besonders schlimmes Jahr“, sagt Thomas Voss von der Grundeigentümerversicherung VVaG in Hamburg. Stärke und Häufigkeit der Güsse seien bisher einmalig gewesen – eine Einschätzung, die Matthias Sobottka von der Hamburger Stadtentwässerung (HSE) teilt: Besonders der Wolkenbruch vom 1. August sei sehr aus dem Rahmen gefallen. „Statistisch gesehen“, sagt Sobottka, „kommt das alle 4600 Jahre mal vor.“ Trotzdem haben es die Versicherer so eingerichtet, dass eine schlichte Gebäudeversicherung nicht ausreicht, um so einen seltenen Schaden ersetzt zu bekommen.

Eine Gebäudeversicherung schützt Voss zufolge gegen Schäden durch Feuer, Leitungswasser, Sturm und Hagel. Sofern der Versicherungsnehmer nicht fahrlässig gehandelt hat, auch gegen die Folgen eines Sturms: wenn zum Beispiel ein Fenster aufgedrückt wird und Wind und Regen im Zimmer wüten.

Zwar gelten die Wirkungen von Sturm und Hagel in der Welt der Versicherer als „Elementarschäden“ – allerdings als solche minderer Güte. Richtig Angst haben sie vor Überschwemmungen – auch durch starken Regen –, Erdbeben, Erdsenkungen, Schneedruck und Lawinen. Diese Risiken lassen sich die Konzerne mit einem Aufschlag von 25 Prozent honorieren. Das Angebot heißt „erweiterte Elementarschadenversicherung“.

Bei dem Platzregen vor zwei Wochen sind die Versicherer in Hamburg und Schleswig-Holstein offenbar glimpflich davongekommen. Aus Hamburg habe es wenige Anfragen gegeben, aus Schleswig-Holstein noch weniger, erinnert sich Voss. Dabei brauchte der hier niedergehende Regen den bundesweiten Vergleich nicht zu scheuen: 30 bis 35 Liter pro Stunde und Quadratmeter maß die Stadtentwässerung. In Blankenese seien 64 Liter auf den Quadratmeter gefallen, soviel wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen 1960. Im Erzgebirge fielen 312 Liter in 24 Stunden.

„Wenn in allerkürzester Zeit Unmengen von oben herunterprasseln, die Stadt immer weiter versiegelt wird und wir mit unseren Anlagen die letzte Möglichkeit sind für das Wasser, irgendwo hin zu kommen, dann stößt man irgendwann an Grenzen“, sagt HSE-Sprecher Sobottka. Ausgelegt seien die Siele auf Regenfälle, wie sie im Mittel alle fünf Jahre auftreten. Deren Menge liege bei 24 Litern pro Quadratmeter in der Stunde.

Würde das durch den starken Regen verursachte Hochwasser vom Oberlauf der Elbe in Hamburg Überschwemmungen verursachen, wären auch diese von der erweiterten Elementarschadenversicherung gedeckt. Der Deich dürfte zwar überlaufen, aber nicht brechen. Deichbrüche und hochdrückendes Grundwasser versichert keiner.

Wenn das Elbwasser aus der anderen Richtung herandrängt, bei Sturmflut, nützen die 25 Prozent Aufschlag ebenfalls nichts. Die Versicherer wollten nicht das Risiko tragen, dass Bund und Länder die Deiche verlottern lassen, sagt Voss. Und auch bei Gegenden am Elbufer, die schon einmal unter Wasser standen, winken sie ab. Wer will sich schon mit der See anlegen.