In drei Tagen drogenfrei

Alle Härte gegen Süchtige, alle Hilfen für Hardliner: Im Knast gibt es ab sofort nur noch Kurzzeit-Substitution für Suchtkranke. Häftlinge werden verstärkt auf Drogen kontrolliert und müssen bei nachgewiesenem Konsum mit Strafen rechnen

von ELKE SPANNER

Eigentlich gilt der Gleichheitsgrundsatz: Im Krankheitsfall dürfen Menschen hinter Gittern nicht schlechter behandelt werden als außerhalb. Für Hamburg ist dieses Prinzip des modernen Strafvollzuges aufgekündigt: Nachdem Justizsenator Roger Kusch (CDU) bereits im Frühjahr die Abgabe steriler Spritzen an suchtkranke Strafgefangene abgeschafft hatte, hat er nun auch die „Dauersubstitution“ im Gefängnis beendet. Methadon für Süchtige gibt es hinter Gittern jetzt nur noch ein paar Tage oder Wochen lang.

Am 8. August hatte der Leiter des Strafvollzugsamtes, Johannes Düwel, den Direktoren der Haftanstalten das neue „Drogenkonzept“ vorgelegt. Drogenpolitik wird darin allein als Kampf gegen „Drogenmissbrauch“ aufgefasst. Den Häftlingen soll ein drogenfreies Leben dadurch ermöglicht werden, dass „das Einbringen und der Besitz von Drogen möglichst weitgehend unterbunden wird“: Durch häufige außerordentliche Durchsuchungen der Anstalt und der Gefangenen, durch Ausweitung der Urinkontrollen und Strafen, wenn sich bei diesen Spuren von Drogenkonsum zeigen. Dann werden Vollzugslockerungen zurückgenommen. Gefangene aus dem offenen Vollzug kommen wieder in den geschlossenen Knast, Häftlinge, die kurz vor der vorzeitigen Entlassung stehen, müssen doch noch bleiben. Dabei beschreiben diese Maßnahmen laut Düwel nur die Mindeststandards, „die selbstverständlich überschritten werden können“.

Eine klare Einladung zur Willkür ist das für den GAL-Bürgerschaftsabgeordneten Manfred Mahr. Kusch drehe die Geschichte des Strafvollzuges um dreißig Jahre zurück: „Ich gehe davon aus, dass dieser Senator bewusst fachliche moderne Erkenntnisse ignoriert.“ Zu denen gehört auch, so die gesundheitspolitische Sprecherin der GAL, Dorothee Freudenberg, dass es bei schwer Suchtkranken mehrerer Jahre der Substitution bedarf, ehe sie ohne Drogen leben können. Werde im Gefängnis jetzt nur noch kurzzeitig Methadon verabreicht, könne das die Insassen nicht langfristig stabilisieren. „Wenn wir davon ausgehen, dass wir Gefangene auch mal wieder entlassen wollen“, sagt Freudenberg, „muss Drogentherapie im Gefängnis möglich sein“.

Für Düwel hingegen ist eine Dauersubstitution, wie sie von ÄrztInnen außerhalb des Gefängnisses betrieben wird, nicht mit dem Ziel des Strafvollzuges zu vereinbaren. Diene die Dauersubstitution doch dazu, „die Menschen sozial zu stabilisieren“. Und genau die Resozialisierung müsse auch beim Strafvollzug im Vordergrund stehen, kontert GALier Mahr: „Das sagt das Bundesverfassungsgericht.“