DIE REISSVERSCHLUSSMETHODE LÄSST ISRAEL VIEL HANDLUNGSFREIHEIT
: Auf der Suche nach Vorleistungen

Ähnlich wie es der rechtskonservative Premierminister Benjamin Netanjahu praktizierte, will auch Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser mit der so genannten Reißverschlussmethode jeden israelischen Schritt an vorherige palästinensische Maßnahmen knüpfen. Erneut gilt es, mit dem Prinzip der stufenweisen Lösung, wie sie zum ersten Mal in Oslo und Jahre später in Wye Plantation vereinbart wurde, Fortschritte zu erreichen. Diesmal geht es nicht um den Frieden, aber wenigstens um einen Waffenstillstand. Auch wenn wenig Hoffnung auf Erfolg besteht: Jede Annäherung und Einigung zwischen Israel und den Palästinensern, egal welcher Art, ist grundsätzlich zu begrüßen.

Eine israelische Vorauszahlung allerdings findet nicht statt – die Pflicht zur ersten Leistung liegt bei den Palästinensern. Sie haben sich als kreditunwürdig entlarvt und müssen nun als Erste die Ware Sicherheit und Ordnung liefern. Das mag aus israelischer Sicht verständlich sein, und doch liegt genau hier das Problem verborgen, das das Projekt früher oder später zum Scheitern bringen wird. Denn niemand vermag zu sagen, wie die Zusammenarbeit der Sicherheitsdienste beider Seiten – die letztendlich auch die Verhaftung von Widerstandskämpfern bedeutet – von der palästinensischen Bevölkerung befürwortet werden soll. Aber das Land ist besetzt, und jede Erleichterung der Lebensumstände liegt einzig in den Händen der Besatzer, die überdies keinen Zweifel an ihrem souveränen Handeln erlauben. Ohne die Unterstützung der Bevölkerung aber ist die Mission der von der Besatzung und den israelischen Bombardierungen beeinträchtigten palästinensischen Sicherheitsdienste nicht zu erfüllen.

Nach fast zwei Jahren Besatzung, Ausgangssperre und mehr als 2.000 Intifada-Toten auf ihrer Seite ist nur wenig nötig, um die Palästinenser zum gemeinsamen Handeln zu motivieren – durchaus auch konstruktiv. Die demonstrative Stärke Israels kann nach mehr als 600 Intifada-Toten ebenfalls eher als ein Zeichen von Schwäche gelesen werden.

Das könnte doch noch Spielräume eröffnen. Gesten der Versöhnung bieten sich für Israel vor allem dort an, wo keine Sicherheitsrisiken bestehen, wie zuallererst im Gaza-Streifen, der ohnehin hermetisch abgeriegelt ist. Eine erneute Besetzung wie derzeit ist sicherheitspolitisch nicht zu begründen. Im Gegenteil: Israel würde an Sicherheit gewinnen, wenn die Soldaten und die Siedler komplett aus dem Gaza-Streifen abgezogen würden. Ein Projekt „Gaza zuerst“ dieser Art würde Ben-Elieser nicht nur Glaubwürdigkeit auf palästinensischer Seite garantieren, sondern zudem seine Kritiker in der eigenen Partei für eine Weile verstummen lassen. SUSANNE KNAUL