Keine Security

Wachmann soll tatenlos bei Prügelei im Roland-Center zugesehen haben – zu wenig Beweise, milde Geldstrafe.

Es ist der Nachmittag des 8. August 2001. Der 12-jährige Fabian Grote bummelt gerade durchs Roland-Center, als er auf eine Gruppe von vier Jungen zwischen 12 und 16 Jahren trifft. „Der hat gesagt, wir seien Hurensöhne“, ruft einer von ihnen plötzlich und geht dann mit den übrigen Gangmitgliedern mit Fäusten und Tritten auf den Jungen los. Ein Wachmann des RolandCenters, der bei der Schlägerei tatenlos zugesehen hat, hilft auch dann nicht, als der kleine Fabian über ein „Info-Telefon“ um Hilfe bittet, sondern schmeißt die Jungen einfach aus dem Center. Draußen wird der Kleine dann von der Gruppe blutig geschlagen und noch am Abend mit einem Schädelbruch ins Krankenhaus eingeliefert.

So jedenfalls schildert es Fabian, dessen Eltern sofort nach der Tat Strafanzeige gegen den Security-Mann David E.gestellt haben. Grund: unterlassene Hilfeleistung. Die gestrige Verhandlung gegen den 23-Jährigen verlief ziemlich widersprüchlich. Erst behauptete der Angeklagte, er habe laut Dienstbericht des Roland-Centers an dem besagten Tag gar nicht gearbeitet, dann konnte er sich aber noch ziemlich gut an die Geschehnisse des Nachmittages erinnern – jedenfalls so gut, dass Strafrichter Friedrich Kornblum auf die erste Behauptung einfach nicht einging. Während der ganzen Verhandlung beharrte E. mit verschränkten Armen darauf, dass er von einer Schlägerei nichts gesehen habe und wiederholte immer wieder: „Der Junge war völlig intakt, als ich ihn am Infotelefon antraf.“ Auf Kornblums Frage, warum er denn nichts weiter unternommen hätte, um Fabian vor der Gang zu beschützen, sagte E., der Junge hätte eine Anzeige gegen die Schläger machen wollen, und so kleine Jungen könnten doch gar keine Anzeige machen.

Der Strafrichter hatte dann einige Mühe dem Wachmann zu erklären, dass es nicht seine Aufgabe sei, Anzeigen entgegenzunehmen, sondern lediglich aufzupassen, dass den Kunden nichts passiert. So sehr Kornblum versuchte, herauszufinden, ob E. die Schlägerei wirklich beobachtet hatte –es half nichts. Es stand Aussage gegen Aussage: Der Geschädigte und die Gangmitglieder hatten vorher bei der Polizei ausgesagt, der Wachmann hätte alles gesehen, doch E. blieb standhaft und wies alle Schuld von sich. Zum Schluß lag es also bei Richter Kornblum, zu entscheiden. „Im Zweifel für den Angeklagten“, lautet eine wohlbekannte Juristen-Regel, und so fiel Kornblums Urteil milde aus: Das Verfahren wurde eingestellt, und der Wachmann bekam eine Auflage in Höhe von 500 Euro, die er innerhalb von fünf Monaten an die Staatskasse entrichten muss.

„Solch eine Geldstrafe ist mir ganz lieb, denn die kann ich noch verkraften“, sagte der einfache Familienvater erleichtert. Und was sagt das Opfer? „Zu wenig, dafür dass er mir einfach nicht geholfen hat.“ MVM