„Schließlich ist das Mittelalter vorbei“

Die Kirche habe nichts gegen Homosexualität an sich, erklärt der Sprecher des Erzbistums Berlin, Andreas Herzig. Wenn Homosexuelle ihre Partnerschaft öffentlich machen, verstießen sie jedoch gegen katholisches Kirchenrecht

taz: Was geht es die katholische Kirche an, was ihre Angestellten in ihren Betten treiben?

Andreas Herzig: Was jeder Mensch privat tut, geht natürlich die katholische Kirche nichts an. Wichtig ist die Frage, ob die Kirche sich ein eigenes Arbeitsrecht geben darf. Und das ist laut Grundgesetz so.

Das Ganze lässt sich nicht auf eine rechtliche Formalie reduzieren …

Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen in ihrer Lebensführung die Grundpositionen der katholischen Kirche vertreten. Das hat jeder Mitarbeiter in seinem Arbeitsvertrag unterschrieben, und das ist nichts Neues. Die Lebenspartnerschaft widerspricht der Auffassung der Kirche von Ehe und Familie, und ein Mitarbeiter, der eine solche Partnerschaft beansprucht, geht das Risiko einer Kündigung ein. Das weiß sie oder er.

Woher wissen Sie denn überhaupt von einer Homoehe unter Ihren Mitarbeitern?

Wir durchsuchen nicht die Unterlagen der Mitarbeiter oder fragen beim Vorstellungsgespräch nach der sexuellen Ausrichtung. Schließlich ist das Mittelalter vorbei. Von der Verpartnerung erfahren wir durch eine Änderung des Namens oder der Lohnsteuerkarte.

Der Name ändert sich auch bei einer Heterohochzeit.

Ja, aber es wird auf der Lohnsteuerkarte wahrscheinlich eine neue Kategorie für die Verpartnerung eingeführt werden.

Wie begründet die Kirche ihre Haltung zur Homoehe? Ein Mensch sollte doch seinen Nächsten wie sich selbst lieben. Heißt das nicht auch, anders Lebende zu akzeptieren?

Die Kirche versteht die Ehe als besonderen Bund zwischen Mann und Frau, das ist in der Bibel begründet. Und das spiegelt sich im kirchlichen Dienstrecht wieder. Zur Homosexualität gibt es ebenfalls deutliche Worte in der Bibel, und darauf bezieht sich die Kirche.

Also keine Nächstenliebe für gleichgeschlechtliche Liebe?

Wir lehnen nicht Homosexualität ab. Bei uns arbeiten auch homosexuelle Angestellte. Nur wenn sich der Mitarbeiter in die Lebenspartnerschaft eintragen lässt, widerspricht er dem Kirchenrecht. Dies gilt insbesondere für den inneren Bereich, also den Verkündigungsdienst.

Sie messen mit zweierlei Maß: Für Priester gilt ein anderes Recht als für die Putzfrau.

Das ist Ihre Interpretation. Verschiedene Tätigkeiten sind eben für die Kirche verschieden wichtig.

Sobald eine Partnerschaft öffentlich gemacht wird, ist die Kirche dagegen. Solange alles geheim bleibt, ist es egal. Ist das nicht Anregung zur Heuchelei?

Das ist eine böswillige Unterstellung. Wir nehmen die Menschen eben ernst, wenn sie zum Standesamt gehen und damit eine Haltung deutlich machen, die der katholischen Auffassung widerspricht.

Wird demnächst also gnadenlos gefeuert?

Nein, es gibt immer eine Einzelfallprüfung. Dabei spielen seelsorgerische Gründe immer eine wichtige Rolle.

INTERVIEW: DANIEL SCHULZ

Andreas Herzig ist Sprecher des Erzbistums Berlin, zu dem 410.000 Katholiken gehören