FÜR PUTIN GIBT ES KEINE ALTERNATIVE ZUR ANTITERRORALLIANZ DER USA
: Russische Scheingefechte

Moskau übt sich derzeit in symbolischer Außenpolitik. Vor zwei Jahren hatte sich Russlands damals neuer Präsident Wladimir Putin mit Nordkoreas Diktator Kim Il Jong zum ersten Mal getroffen und sich dem staunenden Westen als Mittler zwischen den so genannten Schurkenstaaten und dem Rest der Welt empfohlen. Der 11. September brachte eine Wende. Wladimir Putin kletterte ins Boot der westlichen Antiterrorallianz und brachte den USA eine Reihe von Opfern dar: etwa Zentralasien, Transkaukasus und den Raketenabwehrvertrag ABM. Populärer machte es ihn bei der verstörten politischen Elite daheim nicht.

Und die Bilanz nach einem Jahr Allianz fällt aus Moskauer Sicht bescheiden aus. Rendite gab es so gut wie keine – abgesehen vom Schweigen der Welt zur Schreckensherrschaft in Tschetschenien. Die wirtschaftlichen Versprechen des Westens sind Lippenbekenntnisse, die Beziehungen zwischen der EU und Russland waren – trotz gegenteiliger Bekundungen – noch nie so kühl wie heute.

Moskaus verschiedene Techtelmechtel mit dem „Leitstern“ aus Pjöngjang, den strahlenden Ajatollahs in Teheran und dem Wüstling in Bagdad sind daher ein Rückfall in alte Muster russischer Außenpolitik. Sie dürften allerdings noch weniger bewirken als vor zwei Jahren, da noch nicht feststand, in welche Richtung Russland unter Putin marschieren würde. Es ist daher kein Zufall, dass die weitreichenden Kooperationspläne mit dem Iran und Irak nur Entwürfe sind, die man dort lassen kann, wo sie sind: in der Schublade. Denn der Kremlchef hat begriffen, dass Moskau durch Konfrontation mit dem Westen nicht viel zu gewinnen hat. Im Gegenteil. Insofern sind die Drohgebärden dieser Tage Ausdruck der Enttäuschung Russlands, das sich wie Europa von Washington nicht ernst genommen fühlt. KLAUS-HELGE DONATH