Aufstand am Oeversberg

Für den „Science Park“ an der IUB soll der Oeversberg in Grohn bebaut werden. Andere Gewerbeflächen seien nicht „attraktiv“ genug, sagen BIG und IUB. Anwohner und Sportler protestieren, der Beirat lehnt den Bebauungsplan-Entwurf einstimmig ab

„Vor 15 Jahren wollte die Bundeswehr dort bauen. Das ging dann auch anders.“

„Wir sind zum Science Park gekommen wie die Jungfrau zum Kind.“ Konfrontiert mit den lautstarken Protesten von rund 150 AnwohnerInnen und SportlerInnen ging der Vizepräsident der International University Bremen (IUB), Alexander Ziegler-Jöns, am Dienstagabend auf der Sondersitzung des Vegesacker Beirats in die Defensive. Denn was die Stadtplaner im vollbesetzten Saal des katholischen Gemeindezentrums in Grohn vorstellten, lässt die Wogen vor Ort hochschlagen – auch gegen die IUB.

Auf dem Oeversberg, hoch über der Lesum und in direkter Nachbarschaft zum Campus, will die Privatuni mit Hilfe der Bremer Investitionsgesellschaft mbH (BIG) High-Tech-Firmen ansiedeln – ein zweiter Technologiepark in klein. 750 Arbeitsplätze, so hoffen die Planer, könnten dort in einem großzügigen Edel-Gewerbegebiet entstehen, Blick über das Werderland inklusive. Mit einer dritten Straße über die Lesum und durchs Vogelschutzgebiet, von Wirtschaftsverbänden in Bremen-Nord seit langem gefordert und in den Plänen ausdrücklich als Option enthalten, könnte der Science Park an die neue A 281 angebunden werden – und läge dann nur zehn Autominuten vom Flughafen entfernt. Die Sportvereine hingegen, die den Oeversberg seit Jahrzehnten nutzen, sollen weichen, und auch das Sportbad, für dessen Erhalt die Vegesacker BürgerInnen lange gekämpft haben, würde über kurz oder lang verschwinden. Damit waren die Beiräte nicht einverstanden. Sie lehnten den Bebauungsplanentwurf einstimmig ab.

Für Streit zwischen den 150 ZuschauerInnen und den Stadtplanern, Wirtschaftsförderern und dem IUB-Vize sorgte weniger der Science Park selbst als der geplante Standort. „Warum beharren Sie ausschließlich auf dem Oeversberg?“, fragte der Grüne Thomas Pörschke, in Richtung BIG und IUB. Schließlich gebe es im Norden des Campus bereits Gewerbeflächen, wo Technologie-Firmen angesiedelt werden könnten. Jürgen Wendler von der frisch gegründeten Anwohner-Initiative Grohner und St. Magnuser Bürger, die das Gewerbegebiet an der Geestkante verhindern will, bekräftigte: „Es gibt Alternativen.“

Die Einrichtung des Science Park durch die IUB war 1999 Bedingung dafür, dass Bremen der Privatuni 230 Millionen Mark (118 Mio Euro) Anschubfinanzierung gewährte. Dass das Gewerbegebiet ausgerechnet auf dem Oeversberg entstehen soll, bereitet allerdings auch dem Bauamt leichte Bauchschmerzen. Stadtplanerisch wäre nämlich vor allem eine Gewerbeansiedlung entlang der Bahnlinie bis zur Endstation in Vegesack interessant. Aber, wie Stadtplaner Rainer Frankenberg es ausdrückte: „Hier geht es nicht nur um Herzensangelegenheiten.“

IUB-Vize Ziegler-Jöns wurde deutlicher. Es reiche nicht aus, wenn der Science Park „in fußläufiger Entfernung“ zum Campus liege, „man muss den Firmen auch attraktive Grundstücke bieten“. Attraktiv ist der Oeversberg in der Tat. Und obwohl der Vizepräsident eine finanzielle Beteiligung der IUB am Science Park abstritt, dürfte diese ein ganz handfestes finanzielles Interesse daran haben, das Gewerbegebiet genau dort einzurichten: Nach Angaben der BIG erfolgen Erschließung und Vermarktung des von der Stadt zur Verfügung gestellten Geländes nämlich auf Rechnung der IUB; die BIG streckt das Geld lediglich vor. Auf Deutsch: Je höher die Erlöse aus dem Geländeverkauf, desto mehr Geld für die IUB.

Geht es nach dem Willen des Beirats, müssen die Planer jetzt erst einmal alternative Standorte prüfen. Eine Bebauung des Oeversberges komme überhaupt nur in Betracht, wenn für die Sportvereine ein adäquater Ersatz gefunden worden und klar sei, wer den Umzug bezahle, erklärte Beiratssprecherin Anke Nerger (SPD). Und die vorgesehene Trasse für eine dritte Lesumquerung müsse ersatzlos gestrichen werden. Ob sich der Beirat mit seinen Forderungen durchsetzt, ist unklar. Die Anwohner aber sind zuversichtlich. „Vor 15 Jahren hieß es: ‚Der Oeversberg muss für die Bundeswehr bebaut werden‘“, sagt einer: „Das ging dann auch anders.“ Armin Simon