unterm strich
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Ein guter Freund ist längst nicht das Beste, was es gibt auf der Welt. Noch besser ist ein ganzer Haufen, der sich zum Verein zusammenschließt, wie es die Freunde der Nationalgalerie vor 25 Jahren taten. Seit 1977 unterstützten sie die Neue Nationalgalerie, und das wird nun heute Abend gefeiert. Natürlich nutzen die Freunde das Jubiläumssommerfest gleich dafür, weiteres Geld einzuwerben: Ab 17.30 Uhr mit einer Versteigerung von rund 120 Werken, die Künstler und Galeristen gestiftet haben. Eine Presseerklärung vom 20. August erinnert nun an eine andere Versteigerung vor 58 Jahren, die zwar nicht direkt zum Nutzen der Nationalgalerie stattfand und deren Einlieferungen alles andere als freiwillig waren, die dem Haus aber dennoch einen hübschen Schatz einbrachte. Versteigert wurde da im März 1944 das Eigentum des Berliner Kunsthändlers, Sammlers und Verlegers Bruno Cassirer, das er bei seiner erzwungenen Emigration nach England 1938 in seiner Charlottenburger Villa zurückgelassen hatte. Paul Ortwin Rave, von 1937 bis 1945 Direktor der Nationalgalerie, machte mit 145 Federzeichnungen von Max Slevogt, einer Tuschzeichnung von Lovis Corinth und zehn Aquarellen von Karl Walser aus dem Besitz Cassirers ein beachtliches Schnäppchen. Nun, knapp 60 Jahre später, wurde es an Herrn von Trott zu Solz, den Vertreter der Erben von Bruno Cassirer, zurückgegeben. Da sich die Blätter bis 1990 im Bestand der Staatlichen Museen in Ostberlin befunden hatten, waren sie in den Rückerstattungs- und Wiedergutmachungsverfahren der alten Bundesrepublik nicht einbezogen. Von westdeutscher Seite waren in den 50er-Jahren bereits einige Gemälde an die Erben Bruno Cassirers zurückgegeben worden. Die Restitution des Konvoluts zeigt, dass das Projekt „Provenienzforschung“, das die Stiftung Preußischer Kulturbesitz im Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Berlin zur Aufklärung der Herkunft ihrer Sammlungsbestände eingerichtet hat, Früchte trägt. Die Rückgabe sollte der Versteigerung heute Abend also weiteren Glanz verleihen. Die Dinge kommen allmählich in Ordnung. Daran lassen sich noch viele weitere 25 Jahre Freundesarbeit anschließen.