Ohne Worte

Prominente appellieren an Ausländerbehörde, dem staatenlosen Palästinenser Sameer Khalil eine Lebensperspektive in Deutschland zu eröffnen

Erst gestern wieder hat die Innenbehörde sich in einer Pressemitteilung damit gebrüstet, in der vorigen Woche drei Ausländer außer Landes gebracht zu haben. Die Abschiebezahlen nach oben zu treiben, ist erklärtes Ziel. Über das schießt die Ausländerbehörde jedoch immer wieder weit hinaus. Im Falle des staatenlosen Palästinensers Sameer Khalil (taz berichtete) fordern nun UNHCR, Völkerrechtler Norman Paech und die Trägerin des alternativen Nobelpreises Felicia Langer die Behörde auf, sich an geltendes Recht zu halten und von seiner Abschiebung abzusehen. Ein persönliches Gespräch darüber, um das Khalils Anwältin Sigrid Töpfer gebeten hatte, hat die Behörde abgelehnt.

Laut Töpfer schrecken die SachbearbeiterInnen in ihrem Abschiebewillen nicht einmal vor Lügen zurück. So war Khalil, der seit 21 Jahren in Deutschland lebt, im April mit der Begründung in Abschiebehaft genommen worden, die Behörden in Amman hätten die Aufnahme des gebürtigen Palästinensers zugesagt. Jetzt hingegen räumte Amtsleiter Ralph Bornhöft unfreiwillig in einem Schreiben ein, dass die Voraussetzungen für eine Abschiebung damals keinesfalls vorgelegen haben – Khalil also nicht hätte inhaftiert werden dürfen. Zum einen verweist Bornhöft nicht auf Absprachen mit jordanischen Behörden, sondern nur auf eine E-Mail der deutschen Botschaft in Amman. Und zum zweiten ist diese erst am 16. Mai bei dem Hamburger Amt eingegangen – zu einem Zeitpunkt, als das Oberlandesgericht Khalil längst wieder aus der Haft entlassen hatte.

Khalil stammt aus Nablus. Dorthin kann er nicht zurück, weil im Westjordanland Krieg ist und ihm die israelischen Behörde die Rückkehr untersagten. Die Ausländerbehörde will ihn nach Jordanien abschieben, weil das Land ihm 1981 Papiere ausgestellt hatte – die seit 17 Jahren abgelaufen sind. Inzwischen hat der UNHCR, der „hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen“, den Fall juristisch geprüft und bestätigt, dass Khalil staatenlos ist und ihm „nach zwanzigjährigem Aufenthalt eine Lebensperspektive in Deutschland eröffnet werden sollte“. Auch Felicia Langer bittet eindringlich darum. Die Autorin stammt aus Israel, hat sich dort als Rechtsanwältin für den Frieden zwischen Israel und Palästina engagiert und den „alternativen Nobelpreis“ verliehen bekommen. Sie weist die Ausländerbehörde schriftlich darauf hin, dass Khalil weder in Jordanien noch in der Westbank legal Fuß fassen könnte, sondern eine „displaced Person“ werden würde. Die Einschätzung teilt auch der Völkerrechtler Norman Paech. Er wollte sie Amtsleiter Bornhöft zusammen mit Anwältin Töpfer persönlich mitteilen – und bekam keinen Termin: Nach Aussagen von Töpfers Büro hat die Ausländerbehörde „keinen Gesprächsbedarf“. ELKE SPANNER