Eine Frage des Führungsstils

Realisierungszeit für die Flughafen-S-Bahn verlängert sich um die Hälfte. Bausenator Mettbach war neun Monate ahnungslos. Den Vorwurf, der rot-grüne Senat habe die Planung schöngerechnet, hat der Senator zurückgenommen

von GERNOT KNÖDLER

Bausenator Mario Mettbach (Schill-Partei) hat ein dreiviertel Jahr lang nicht mitbekommen, dass eines seiner größten Projekte aus dem Takt geraten ist. Der Realisierungszeitraum für das 225 Millionen Euro teure Flughafen-S-Bahn hat sich um die Hälfte verlängert: Statt 2005 soll das 2001 begonnene Vorhaben erst 2007 fertig sein.

Für die Verzögerung sei eine Häufung von Faktoren verantwortlich, sagte Mettbach. Das sei ihm erst am 19. Juli bekannt geworden, weil die zuständigen Mitarbeiter lange gehofft hätten, die Zeitverluste ausgleichen zu können. Den Vorwurf, sein Amtsvorgänger Eugen Wagner (SPD) habe die Verzögerung verschwiegen, nahm Mettbach gestern zurück: Er müsse feststellen, „dass Herr Wagner immer von 2005 ausgegangen ist und das auch musste, weil man ihm nichts anderes gesagt hat“.

Der Leiter des Projekts Flughafen-S-Bahn in der Baubehörde, Kai Ziemer, räumte ein, dass er bereits „2001 die Vorstellung hatte, dass es so nicht mehr ging“. Wann der Deutschen Bahn die Erkenntnis dämmerte, dass das Ziel der Fertigstellung 2005 nicht zu halten sein würde, ist unklar. „Die Fachleute haben geglaubt, dass es trotzdem erreichbar ist“, sagte deren Bevollmächtigter Reiner Latsch.

Latsch und Mettbach zufolge hat es Warnsignale gegeben. Allein: Sie drangen nicht durch. Mettbach schob das darauf, dass Wagner einen anderen Führungsstil gepflegt habe als er selbst. Wenn Mitarbeiter jahrelang gesagt bekämen, sie sollten Probleme lösen, statt sie dem Senator vorzutragen, sei es kein Wunder, wenn der Informationsfluss stocke. Das sei keine Kritik an Wagner, beeilte sich Mettbach zu sagen, „sonst wäre er nicht 18 Jahre lang Senator gewesen“.

Als Konsequenz aus dem Desaster will Mettbach das behördeninterne Controlling verbessern und die Flughafen-S-Bahn zur Chefsache machen. Seine Mitarbeiter nahm er in Schutz: „Dieser Zeitplan ist aus heutiger Sicht von vornherein nicht einzuhalten gewesen“, sagte der Senator. Auch Latsch bezeichnete den Zeitplan als „sehr sehr engagiert“. Ein derart großes Projekt brauche jedoch Zeitdruck.

Zu der unvorhergesehenen Verzögerung trug bei, dass die Verhandlungen über den Bau- und Finanzierungsvertrag zwischen der Bahn und der Stadt zwölf Monate dauerten – viel länger als vorgesehen. Um welche Summen es dabei ging, wollten Mettbach und Latsch nicht sagen. Aus einer Investitionssumme von rund 190 Millionen Euro, mit der das Projekt 1999 angekündigt worden war, sind 225 Millionen Euro geworden.

Probleme gab es auch bei den Verhandlungen über den erforderlichen Erschütterungs- und Brandschutz. Außerdem sei bei der Vorbereitung der Ausschreibungsunterlagen deutlich geworden, dass die beiden Röhren des S-Bahn-Tunnels nur mit einer Geschwindigkeit von zehn statt elf oder zwölf Metern am Tag gebohrt werden können. Klagen und Bauschäden hätten ein Übriges getan.

Für den Bau des Tunnels können bis November Angebote eingereicht werden. Ein viertel Jahr lang will sich die Baubehörde mit deren Prüfung Zeit lassen. Um Zeit zu sparen, soll dabei die Bohrgeschwindigkeit besonders berücksichtigt werden.