auf der alm, da gibt’s koa sünd (teil 8)
: taz-Sommerreporter JOSEF WINKLER wartet auf die Kühe, die nach Hause kommen

Das Scheining II

Ich geh schnell telefonieren. Kommen Sie mit? Ein paar Meter den Berg hoch. Wir müssen vorher nur beim Kollegen vorbei, dessen Handy ich mir immer ausleihe, seit mein eigenes … äh, gehen musste.

Ich stecke meine SIM-Karte in sein Gerät, und los geht’s. Ja, die SIM-Karte habe ich noch. Die braucht mein Handy nicht mehr, da, wo es jetzt … Egal.

Oh, der Kollege ist nicht da. Wohl Klettern gegangen. Na ja. Gehen wir zurück zur Hütte und warten. In spätestens drei Stunden ist der zurück. Oder fünf. Kein Problem. Nein, kein Problem.

Letztes Jahr gab es noch das „Almtelefon“ für alle SennerInnen, vorne an der Tomman-Hütte, nur eine halbe Tagesreise entfernt, sehr praktisch, preisgünstig. Hab ich damals leider erst eine Woche vor Almabtrieb entdeckt. Ich gehe davon aus, dass Ron Sommer sich ohne meine Mobilfunkkosten für Juni bis September 2001 niemals mehr so lange hätte halten können.

Heuer ist das Almtelefon klarerweise weg. Dafür hat die Telekom Austria, die schließlich auch sehen muss, wo sie bleibt, an der Jausenstation ein Münztelefon installiert, mit dem man für freundliche drei Euro locker siebzig Sekunden mit Deutschland sprechen kann. Freilich nur, wenn es nicht gerade kaputt ist, weil, keine Ahnung, der Wind zu stark weht oder was. Kein Problem. Handy ist eh praktischer, unabhängiger.

Wie, „gehen musste“? Ach, es ging ihm nicht gut. Bitte. Ich rede nicht gern darüber. Okaaay, da war dieser Vorfall in Woche zwei. Mir war während eines Gespräches mit der allerliebsten, aber zunehmend irritierten Andrea zirka achtzigmal das Netz weggebrochen. Eines kam zum anderen, ich würgte das Gerät. Ein klein wenig nur, und es überreagierte mit einem melodramatischen Display-Totalausfall. Irreversibel. Seitdem kamen wir nie mehr richtig zusammen. Ohne Display telefonieren bei schwer auffindbarem Netzempfang zerrte an den Nerven. Es kam weiter zu Spannungen. Und eines Tages, vor drei Wochen, da …

Ah! Der Kollege ist zurück. Flott jetzt, es fängt gleich an zu regnen. Nein, so weit musste ich letztes Jahr nicht den Berg rauf, um Netz zu bekommen. Dieses Jahr scheinen sie einen Sendemast gesprengt zu haben. Kein Problem. So, jetzt regnet es also. Seltsam, normal hat’s an dieser Stelle hier immer Empfang. IMMER. Jetzt nicht. Weiter rauf. Was atmen Sie denn so schwer? Bin ich das? Ah, der Antennenbalken sprießt. Mailbox abhören. Interessant, B. erzählt mir seine letzte Woche, gleich ist der Akku leer. Andrea anrufen. Der Balken schrumpft. Herrgott … Ruhig. Jetzt Verbindung, wacklig.

„Hallo?“ – „Hallo.“ –– „Hallohallo?“ ––– „Hallo!“ ––– „Hörst du mich?“ – „Hörst du mich?“ – „Hallo?“

Von hinten nähert sich eine neugierige Glockkuh. Die Glocke ist laut. Warum geht die Kuh nicht weg? „Andrea?“ – Piep, piep, piep. „Verbindung beendet.“ Kein Problem. Ich … ich … ich muss das Handy auf den Boden knallen. In die Luft schleudern, es aufklatschen sehen auf der Kiesstraße, dass die Antenne knickt und das Display splittert, prack! Ich muss es weit werfen und seinen Akku fliegen sehen beim Aufprall …

Nein, ruhig. Kein Problem. Lassen wir’s gut sein, zurück zur Hütte, ein Bierchen, dann geht’s wieder. Wo denn nun eigentlich mein Handy ist? Ist doch egal jetzt. Bier! Steht das im Keller? Nein, im Kühlschra … NEIN! Nicht die Kellerluke öffnen! Neiiiiii …