Schröder schwimmt oben

ZDF-Politbarometer: SPD profitiert vom Hochwasser und liegt einen Prozentpunkt hinter der Union. Kanzler kann seinen Vorsprung gegenüber Unionskandidat vergrößern. PDS kratzt an Fünfprozenthürde. Grüne und FDP unverändert

BERLIN taz ■ Drei Tage vor dem Fernsehduell zwischen Edmund Stoiber und Gerhard Schröder hat die SPD ein wichtiges Ziel erreicht: Erstmals liefert sie sich in einer aktuellen Umfrage wieder ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit CDU und CSU.

Der monatelange Rückstand von bis zu acht Prozentpunkten war unter SPD-Wahlkämpfern als gefährlich eingestuft worden. Die Partei befürchtete bei den Wählern einen Überläufer-Effekt großen Stils ins Stoiber-Lager, wenn in der Schlussphase keine Chance mehr auf einen SPD-Sieg bestanden hätte. Jetzt liegen die Sozialdemokraten in der Sonntagsfrage des ZDF-Politbarometers bei 38 Prozent (plus zwei), die CDU knapp davor mit 39 Prozent (minus zwei). Die übrigen Parteien blieben konstant.

In den Zahlen schlägt sich erstmals die politische Wirkung der Flutkatastrophe deutlich nieder. „Das war vorhersehbar“, kommentierte CDU-Präsidiumsmitglied Wolfgang Schäuble die Werte der Sozialdemokraten, „das gönne ich ihnen in ihrer verzweifelten Lage.“ In der Tat kommen die Ergebnisse nicht völlig überraschend, bedeuten aber einen psychologischen Durchbruch für das Regierungslager. Da die Grünen weiterhin 7 Prozent erzielen und die FDP 9, steht es zwischen den Blöcken derzeit 48 zu 45 für Schwarz-Gelb. Vier Wochen vor dem Wahlsonntag am 22. September wurde Rot-Grün damit vom sicheren Verlierer zu einem möglichen Gewinner.

Auch andere Meinungsforschungsinstitute bestätigen den Trend. Infratest dimap sah gestern Zugewinne für die SPD, die auf 36 Prozent stieg (plus zwei). Die CDU blieb allerdings unverändert hoch bei 41 Prozent. FDP und Grüne lagen bei 8 und 7 Prozent, die PDS bei 4. Bei der Forsa-Umfrage hat die SPD um 3 Prozentpunkte auf 38 Prozent zugelegt. Die Union bliebe unverändert bei 40 Prozent. Grüne und PDS kamen auf 7 beziehungsweise 5 Prozent, die FDP büßte zwei Prozentpunkte ein und kommt auf 8 Prozent.

Anders als von manchen Forschern erwartet, kam das Krisenmanagement im Angesicht des Hochwassers also nicht nur der Person des Kanzlers zugute, sondern auch seiner Partei. Laut Politbarometer unterstützen 59 Prozent der Befragten außerdem den Vorschlag von Rot-Grün, die für nächstes Jahr vorgesehenen Steuererleichterungen um ein Jahr zu verschieben. Selbst bei Unionsanhängern erreicht die Zustimmung 51 Prozent. Schröder verbesserte seinen persönlichen Vorsprung vor dem Herausforderer Edmund Stoiber auf 19 Prozentpunkte, den größten Abstand seit der Nominierung des Bayern als Oppositionsführer. Die Union behält jedoch in der Wirtschaftspolitik sowie bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ihren Vorsprung: Auf beiden Feldern liegt sie mit gut 30 Prozent vor der SPD mit gut 20 Prozent.

Dramatische Auswirkungen hätte vor dem Hintergrund dieser Umfragen das Abschneiden der PDS. Da sie nur 4 Prozent erzielt, müsste sie drei Direktmandate gewinnen, um wieder ins Parlament einzuziehen. Würde die PDS scheitern, ergäbe sich aufgrund der Sitzverteilung im Bundestag eine absolute schwarz-gelbe Mehrheit.

Die SPD eröffnete mit einer Schröder-Rede in Berlin ihre Wahlkampftour. PATRIK SCHWARZ

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