Die Magie des Überschlags

Kugelstoßen, Baumstamm- und Gewichthochwerfen: Falkenseer Omar Orloff gewinnt Einzelwertung der Highland Games in Spandau. Schotten werden beste Mannschaft

Treten Schotten im Ausland auf, sind Dudelsack, Kilt sowie Whiskey die unvermeidlichen Zutaten. Zur letztgenannten Ingredienz präsentierte Eckhard Nau den 7.000 Gästen der Highland Games ganz neue Erkenntnisse. „Whiskey ist Magie“, brachte der Marketing-Manager des Veranstaltungssponsors Dimple die Essenz des Wasser-Gerste-und-Hefe-Gemischs auf den Punkt, was vermutlich auch den jeweils sechs Athleten aus Schottland und Deutschland unbekannt war, die Samstag in der Spandauer Zitadelle zum fünften Länderkampf aufeinander trafen.

Im Mittelpunkt stand das Duell zwischen dem Falkenseer Omar Orloff, der die letzten beide Male Platz eins belegte, und dem Glasgower Gregor Edmunds, der Orloff kürzlich bei zwei anderen Wettbewerben distanziert hatte. Schon bei der ersten Disziplin, dem Werfen einer 7,5 Kilo schweren Eisenkugel, zeigte sich, wer die bessere Tagesform erwischt hatte: Während Orloff zwar den bestehenden Weltrekord um über vier Meter verpasste, reichte seine Weite von 35,50 Metern, um Edmunds auf Platz zwei zu verweisen. Auch im Kugelschleudern belegte der Titelverteidiger Rang eins, während sein Kontrahent bloß Platz drei belegte. Damit führte Orloff nach zwei Wettbewerben, war sich aber der kommenden Hürde bewusst: „Beim Baustammwerfen haben die Schotten die Nase vorn“, sagte der 115-Kilo-Mann. Tatsächlich scheiterten bis auf ihn und den Spandauer Manuel Nau alle deutschen Vertreter, einen 5,50 Meter langen und 56 Kilo schweren Baumstamm zum Überschlag zu bringen und auf einer Markierungslinie aufschlagen zu lassen.

Während vier der Gastgeber sich in der Trostrunde mit diesem Holz abmühten, zeigten die Schotten bei drei neuen Versuchen ihre Klasse im Umgang mit einem nun 30 Zentimeter längeren und 14 Kilo schwereren Arbeitsgerät. Gregor Edmunds platzierte dabei gleich im ersten Versuch den Stamm fast exakt auf der Linie. Orloff musste also nachlegen, und er belegte mit seinem dritten Versuch Rang zwei in dieser Wertung. So rettete der gebürtige Breslauer seinen Vorsprung vor dem Glasgower in und über die letzten beiden Einzelwertungen Steinstoßen und Gewichthochwerfen. „Edmunds zu schlagen gelingt nur in Berlin“, verteilte der Sieger verbale Kusshändchen ans Publikum und unterstrich den entscheidenden Moment des Wettkampfes: „Ich habe heute den Baumstamm zum ersten Mal zum Überschlag gebracht.“ Edmunds selbst war sich seiner Schwachstelle bewusst: „I never threw the hammer so bad as I did today.“

Eine geglückte Premiere bei den Highland Games gelang Michael Nau, der sich über Platz zehn im Klassement freute. „Ich bin super zufrieden, denn alle Ergebnisse waren besser als im Training.“ Dass er neben Orloff als einziger Deutscher beim Baumstammwerfen punktete, passte da ins Bild. Wie auch der Sieg der Schotten im einzigen Teamwettbewerb, dem Tauziehen. Bei zwei Anläufen wurden die Gastgeber in Windeseile derart über das Gras geschleift, dass an der Dominanz der Dudelsackfreunde kein Zweifel bestehen konnte. Bei der Siegerehrung berauschten sich die Athleten nicht nur an ihren Leistungen, sondern auch an Flüssigem von Sponsor Dimple, das im Pokal herumschwappte. Und damit sich das Elixier hundertprozentig in die Gedächtnisse einbrennt, spendeten die Destilleure den Aktiven gleich noch eine Flasche des zauberhaften Safts.

MARCUS VOGT