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: Offener Brief an den VfL Bochum, der seine wahre Bestimmung in dieser Fußballwelt zu vergessen scheint

„Ja, seid ihr denn völlig durchgeknallt?“

Liebe Bochumer! Also, diesmal geht ihr wirklich zu weit! Jeder weiß, dass es am Ende doch wieder ihr seid, die hurtig in die zweite Liga abwandern. Das hat Tradition, das muss so sein, das ist gut so! Und im nächsten Jahr seid ihr dann sowieso wieder da, zuverlässig, wie „Dinner for one“ an Silvester, der Regen beim Gartenfest und das kleinere Übel bei der Bundestagswahl. So kennt man euch, so schätzt man euch, so braucht man euch, zumal euer kongenialer Partner im Auf und Ab, der FC St. Pauli, offenbar ernsthaft daran denkt, endgültig die Südkurve zu kratzen.

Bleiben also nur noch Arminia Bielefeld und vor allem ihr, liebe Bochumer, als Vertreter der ehrwürdigen Tradition, am letzten Spieltag der ersten Liga doch noch irgendwie unglücklich in den Abgrund zu stolpern. Dafür schafft ihr es dann am letzten Spieltag der zweiten Liga, durch irgendein winziges Hintertürchen, von dem bis dahin niemand etwas wusste, nach oben zu entfleuchen und dahergelaufenen Mainzern oder ähnlichen aufgeblasenen Parvenüs eine Nase zu drehen.

Okay, natürlich müsst ihr zwischendurch eure Fans ein bisschen bei Laune halten, aber muss man gleich so übertreiben. Das 1:0 am ersten Spieltag in Kaiserslautern bei eurem letzten Gastspiel vor zwei Jahren, das war in Ordnung. Danach dann 0:3 gegen Bayern, 0:4 bei Hertha, 0:4 gegen den HSV, schließlich die Schafstall-Exhumierung, gut, geschenkt, so dick muss es nicht kommen. Aber zwölf Tore in drei Spielen, Sieg in Leverkusen, Tabellenführung, ja, seid ihr denn völlig durchgeknallt? Was sollen eure Fans denken? Die halten euch glatt für einen Spitzenverein, so wie damals, als Toppmöller durch Vortäuschung von Uefa-Cup-Reife unanständige Hoffnungen weckte, bis er sich auf seine wahre Pflicht besann und die Mannschaft schnurstracks zurück in den Keller bugsierte.

Wir raten jedenfalls dringend zur Mäßigung. In zwei Wochen vielleicht noch ein kleines bescheidenes 1:0 gegen Dortmund, dann, sagen wir, ein 2:2 im absoluten Super-Spitzenspiel gegen Hansa Rostock, und dann ist es langsam gut. Denn seid gewarnt: Das Absteigen wird dieses Jahr gar nicht so leicht. Die Zahl der Bewerber ist gewaltig, nachdem neben den üblichen Kandidaten Nürnberg, Hannover, Bielefeld, Mönchengladbach, 1860, Stuttgart und Cottbus nun auch noch Kaiserslautern und Werder nach unten drängeln; gar nicht zu reden vom VfL Wolfsburg mit seinem Effe-Effekt, der zunächst einmal, wie Trainer Wolf erkannte, im kompletten Entzug von Schiedsrichtergunst besteht. Aber, liebe Bochumer, seid guten Mutes: Eine echte Fahrstuhlmannschaft wie ihr schafft das schon! MATTI LIESKE