Zelle aufgeflogen

Österreichische Polizei hebt in Wien ein Waffenarsenal von Rechtsextremen aus. Drei Verdächtige festgenommen

WIEN taz ■ Gegen eine „rot-bolschewistische Regierung“ wollte sich eine Gruppe Rechtsextremisten hochrüsten. Im Fall der weiteren Zuwanderung von Ausländern wollten sie einen Bürgerkrieg entfesseln. Solche Szenarien ventilieren Dokumente, die der Polizei Anfang August beim Ausheben eines geheimen Arsenals in Wien in die Hände fielen.

Nach Sichtung machte die Einsatzgruppe zur Bekämpfung des Terrorismus mehr Details bekannt. Unter den 120 Waffen waren 42 Pumpguns, 4 Maschinenpistolen und 11 automatische Schusswaffen. Genug um mehrere Kampfzellen auszurüsten, wie das Magazin profil einen Ermittler zitiert. Die 50.000 Schuss Munition enthalten Explosivgeschoße, Hydroschock-Munition und Stahlpfeile, die Polizeiwesten durchdringen.

Heribert Schiedel, der im Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes die rechtsextreme Szene Österreichs beobachtet, hält die drei Festgenommenen und deren Gesinnungsgenossen für „potenzielle Amokläufer“. Er vergleicht sie mit dem Oklahoma-Bomber Timothy McVeigh und dem Una-Bomber in den USA, „die einen Hass auf den Staat mit ihrer rechtsextremen Weltanschauung verbinden.“

Rudolf H., Matthias B. und Herbert T., gegen die eine Anklage wegen verbotenen Waffenbesitzes und anderer Delikte vorbereitet wird, sind in der „Döblinger Initiative für Autofahrer-Rechte“ (Diar) organisiert. Döbling ist ein Wiener Nobelbezirk. Die konspirative Wohnung, wo das Waffenlager war, liegt im Nachbarbezirk Währing. Sie gehörte dem unlängst gestorbenen Georg Gasser. Die Diar, die sich auf ihrer Website auch für „freien Waffenbesitz“ stark macht, ist ein Tummelplatz für Neonazis. Hinter ihr hat sich die „SS-Kampfgemeinschaft Prinz Eugen“ formiert, frühere Aktivisten der 1979 untergetauchten Aktion Neue Rechte (ANR) treffen sich dort mit Leuten aus dem Dunstkreis der verbotenen Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition (Vapo).

Die Rechtsextremisten sind auch international vernetzt. Georg Gasser war Mitglied des Ku-Klux-Klan. Laut Schiedel hat es auch Versuche gegeben, in Österreich eine ähnliche Rassistenorganisation zu gründen. Mit den drei Verdächtigen sei nur eine konspirative Zelle aufgeflogen. Er ist sicher, dass weitere Verhaftungen folgen werden.

RALF LEONHARD