Kampfkulisse für Gespräche

Zum Auftakt neuer Friedensverhandlungen für Burundi greifen die Hutu-Rebellen die Hauptstadt an. Der Krieg eskaliert weiter und wird zum regionalen Problem

BERLIN taz ■ Begleitet von den massivsten Rebellenangriffen auf Burundis Hauptstadt seit eineinhalb Jahren, sind am Montag die Waffenstillstandsgespräche zwischen der burundischen Regierung und den burundischen Hutu-Rebellen in Tansanias Hauptstadt Daressalam wieder aufgenommen worden. Eine erste Gesprächsrunde mit einem Flügel der größten Rebellenbewegung, FDD (Kräfte zur Verteidigung der Demokratie), war vorletzte Woche nach vier Tagen ergebnislos abgebrochen worden. Jetzt soll versucht werden, mit einem Flügel der anderen Rebellenbewegung FNL (Nationale Befreiungsfront) weiterzukommen.

Der betreffende FNL-Flügel leitete die Verhandlungen damit ein, dass seine Kämpfer in der Nacht zum Sonntag einen Großangriff auf nördliche Viertel der burundischen Hauptstadt Bujumbura starteten, wohin sie zuletzt im März 2001 vorgedrungen waren. Die Rebellen, die der früheren Untergrundpartei Palipehutu (Partei zur Befreiung des Hutu-Volkes) entstammen und heute christlich-fundamentalistischen Sekten nahe stehen, infiltriertren mehrere Wohnviertel und beschossen Militärposten mit Handgranaten und Maschinengewehren.

Das zog eine massive Gegenoffensive der von Tutsi kommandierten Armee nach sich, die nach offiziellen Angaben bis Sonntagabend 24 Tote unter den Rebellen forderte – eine relativ geringe Zahl, gemessen an den üblichen, nicht überprüfbaren Erfolgsmeldungen des burundischen Militärs. Vor den Kämpfen flohen 3.000 Menschen, hieß es aus Bujumbura. Die Gefechte würden sich zurzeit zurück in die Berge rund um die Hauptstadt verlagern.

Großoffensiven der verschiedenen Hutu-Rebellengruppen in Burundi haben seit 7. Juli über 800 Tote gefordert und weite Teile Burundis zu Kriegsgebiet gemacht. Dies hat in Bujumbura zur Radikalisierung unter der Tutsi-Bevölkerung geführt, die die im November 2001 unter südafrikanischem Schutz installierte Allparteienregierung aus Hutu- und Tutsi-Politikern ablehnt. Sie sieht sich nun in ihrer Mutmaßung bestätigt, dass Zugeständnisse an den Gegner nur Instabilität bringen. In der FNL-Offensive vom Sonntag wurden erstmals auch mehrere Soldaten der 700-köpfigen Eingreiftruppe aus Südafrika, die Hutu-Mitglieder der Allparteienregierung schützt, verletzt; die Truppe griff allerdings nicht in die Kämpfe ein.

Sowohl FDD und FNL sind intern in jeweils zwei Flügel gespalten, weshalb die Friedensgespräche in Tansania in vier separate Verhandlungsrunden aufgeteilt worden sind. Nach der ersten FDD-Runde vor zwei Wochen ist nun die erste FNL-Runde dran. Südafrika hat ein ambitioniertes Waffenstillstandsprojekt auf den Tisch gelegt, dessen Bestimmungen allerdings für keine Seite annehmbar sind. So dürften die Gespräche im Sande verlaufen, ohne allerdings offen zu platzen, weil dann jemand die Verantwortung für das Scheitern übernehmen müsste. Dies begünstigt eine Eskalation des Krieges, denn die rivalisierenden Flügel der Rebellengruppen sind gezwungen, sich mit immer neuen eigenen Offensiven im Gespräch zu halten, damit nicht eine Fraktion im Namen der ganzen Organisation irgendwelche Abkommen unterschreibt.

Die Eskalation der Lage in Burundi wird zunehmend auch zu einem regionalen Problem. Im Laufe der jüngsten Offensive der FNL wurde ein Lager von tausend kongolesischen Tutsi-Flüchtlingen angezündet, und mehrere tausend Menschen im Norden Burundis flohen nach Ruanda. Nach Berichten des US-Instituts „Internationale Crisis Group“ sind auf Rebellenseite ruandische Hutu-Milizen aus dem Kongo aktiv, während reguläre ruandische Soldaten in Burundi die Armee verstärken.

DOMINIC JOHNSON