Elbfische sterben nicht an Giften

Bisher wurden in der Hochwasser-Elbe kaum erhöhte Dioxin- und Schwermetallkonzentrationen gemessen. Die Menge der Schadstoffe hat trotzdem zugenommen. Fische drohen am schlammigen Wasser und an Sauerstoffmangel zu sterben

von IHNO GOLDENSTEIN

Wie viel Dioxin schwimmt von Spolana aus die Elbe herunter? Seit die tschechische Chemieanlage am 14. August überflutet wurde, reißen Gerüchte über Giftgefahren nicht ab. Deutlich erhöhte Schadstoffkonzentrationen wurden allerdings bisher nicht gemessen. Die Schadstoffmenge hat aber nach Ansicht der Wassergütestelle Elbe (WGE) mit der Wassermenge zugenommen.

Proben der WGE vom 16. August hatten in Schmilka an der deutsch-tschechischen Grenze eine Dioxinbelastung von 16 Nanogramm pro Kilogramm Wasser ergeben. An der Muldemündung wurden sogar 18,2 Nanogramm gemessen, bei Spolana aber nur 7 Nanogramm. Zum Vergleich: Bei der letzten turnusmäßigen Messreihe 1998 habe es bei Schmilka Dioxinwerte bis zu 30 Nanogramm pro Liter gegeben, so WGE-Leiter Heinrich Reincke.

Erhöht sind dagegen nach Angaben der WGE verschiedene Schwermetallkonzentrationen. Quecksilber etwa lag 3,5fach über dem von Deutschland und Tschechien angestrebten Höchstwert. Dies sei aber noch deutlich unter den Elbbelastungen der Siebziger- und Achtzigerjahre, so Reincke. Messungen des Bundes und der Länder Sachsen und Sachsen-Anhalt hatten keine Gesundheitsgefährdung ergeben.

Die Gesamtbelastung der Elbe ist nach Ansicht der WGE allerdings gestiegen. Der Fluss führe fünf- bis sechsmal so viel Wasser wie zu normalen Zeiten, damit auch entsprechend mehr Schadstoffe, so Reincke. Der WGE-Leiter befürchtet, dass sich diese etwa im Wattenmeer absetzen könnten.

Was ist für die gestiegene Belastung verantwortlich? Nicht Spolana, meinen die Experten. Annette Schütze, Sprecherin des Umweltministeriums Sachsen-Anhalt, spricht vom „DDR-Problem der Elbe“. In den Bodensedimenten hätten sich früher Schadstoffe aus Industrieanlagen angesammelt, die nun von der Flut aufgewirbelt wurden.

Für die im Fluss lebenden Fische seien die erhöhten Schwermetallbelastungen in der Elbe nicht gefährlich, erklären Experten. Essen sollte man die Tiere dennoch nicht, da sie Schwermetalle im Körper anreichern.

Den Fischen macht allerdings zu schaffen, dass die Sauerstoffkonzentration in der gesamten Elbe gesunken ist und teilweise kritische Werte erreicht. Auch die vielen Schwebstoffe im Wasser schaden den Kiemenatmern. Nach Aussagen von Rainer Bock vom brandenburgischen Landesumweltamt drohen vor allem Lachsarten zu sterben. Vereinzelt wurden auch schon Fische mit schlammverklebten Kiemen gefunden.

Verunreinigt ist die Elbe zudem durch Schlamm aus überfluteten Kläranlagen und Mineralöle. Seuchengefahr droht Experten zufolge aber nicht. Nach dem Ende des Hochwassers will die Wassergütestelle auf Nummer Sicher gehen und das Elbwasser erneut auf Dioxin und andere Schadstoffe untersuchen.