Eine Zeit schlafloser Nächte

Bei der heute beginnenden WM in den USA ist die Zwischenrunde Pflicht für die deutschen Basketballer, doch auf weitere Ziele will sich Bundestrainer Henrik Dettmann nicht festlegen lassen

von THORSTEN SCHABELON

Ein Trainerjob in der nordamerikanischen Profi-Basketballliga NBA mit 82 Saisonspielen wäre nichts für Henrik Dettmann. „Nach einem Spiel schlafe ich immer schlecht“, sagt er. Deshalb bleibt er besser Basketball-Bundestrainer, denn da hat er nach der heute beginnenden WM in Indianapolis erst einmal seine Nachtruhe wieder. Sollte seine Mannschaft allerdings bis in das Finale kommen, erwarten den Finnen neun schlaflose Nächte in den nächsten elf Tagen.

An so wenig Schlaf und so viel Erfolg mag Henrik Dettmann aber gar nicht denken. „Vom Achtelfinale und vom Viertelfinale rede ich nicht“, sagte er schon vor der Abreise in die USA. „Wir wollen die erste Runde überstehen.“ Da drei von vier Mannschaften aus der Gruppe C in die Zwischenrunde einziehen und am Samstag der Gegner der deutschen Basketballer Algerien heißt, sollte das Erreichen dieses Mini-Minimalziels kein Problem sein. „Da sind wir Favorit“, sagt deshalb auch der Bundestrainer über das letzte Vorrundenspiel.

Henrik Dettmann formuliert nur ungern hohe Ziele, denn er weiß, dass damit Erwartungen geweckt werden. „Unseren besten Basketball spielen wir noch nicht“, sagt er und fordert immer wieder Geduld für die Entwicklung seiner jungen Mannschaft, deren Durchschnittsalter 25,5 Jahre beträgt. Der Bundestrainer redet lieber von Aufgaben. „Es gibt noch sehr viel Arbeit“, sagt er immer wieder. „Will man Erfolge fortschreiben, muss man in die Jugend investieren“, stellt er eine Forderung nicht nur auf, sondern erfüllt diese auch und nominierte den erst 20 Jahre alten Misan Nikagbatse für den WM-Kader.

Eine seiner weiteren Pflichten sieht der 44-jährige Finne darin, regelmäßig die aus der eigenen Begeisterung wachsende Euphorie seiner Mannschaft zu bremsen, so, wenn beispielsweise Marko Pesic (25) von Alba Berlin selbstbewusst den WM-Titel als Ziel nennt. Das ist „eine Sache des Alters“, beruhigt Henrik Dettmann in solchen Momenten. Da er aber auch weiß, dass er mit Understatement nicht ewig den Ambitionen der jungen DBB-Mannschaft um NBA-Star Dirk Nowitzki ausweichen kann, taucht in seinen Sätzen regelmäßig das zukunftsweisende Lieblingswort des Headcoach auf: Potenzial. Dieses Potenzial, gepaart mit Glück und dem Enthusiasmus in der Mannschaft, sieht Henrik Dettmann als Faktor für mögliche Erfolge. „Wir haben gute Jungs, denen es riesige Freude macht, zusammen zu spielen“, lobt er den Teamgeist.

In der DBB-Mannschaft ist während der fünf Dettmann-Jahre eine leistungsfördernde Lockerheit entstanden, in der sich die Spieler nicht nur respektieren, sondern bei aller Konkurrenz um Spielminuten auch gegenseitig helfen – trotz anfänglicher Probleme. So verpassten die deutschen Basketballer mit dem siebten Platz bei der EM 1999 in Frankreich die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2000 in Sydney. Nach den gänzlich erfolglosen Jahren mit Ex-Bundestrainer Vladislav Lucic war das aber zu verzeihen.

Vor der EM 2001 in der Türkei wurde eine Vertragsverlängerung des 1997 als „preiswerte Lösung“ (FAZ), weil „jung, ehrgeizig und bezahlbar“ (DBB), verpflichteten Henrik Dettmann dann aber von der WM-Qualifikation abhängig. Um dieses Ziel auf jeden Fall zu erreichen, stellte man ihm Co-Trainer Rolando Blackman (Dallas Mavericks) an die Seite und steckte den eingebürgerten Centerspieler Shawn Bradley in den Kader. Die junge deutsche Mannschaft spielte einsatzfreudig, scheiterte mit attraktivem Offensivbasketball erst im Halbfinale und landete am Ende auf Platz vier.

Ein Erfolg, der auch den Basketball-Bund hat umdenken lassen. „Derzeit gibt es keine Trainerdiskussion“, sagt DBB-Präsident Roland Geggus. ,,Sofort nach der WM“, erklärt der Präsident, soll der Ende des Jahres auslaufende Vertrag mit dem Bundestrainer verlängert werden. Im November wird schließlich die Qualifikation für die EM 2003 in Schweden fortgesetzt.

Entweder dort oder spätestens bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen muss auch Henrik Dettmann mit großen Erfolgen seiner Mannschaft, die dann ihren Leistungszenit erreicht, rechnen. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, sagt der Finne und weiß, dass ihm auf diesem viele weitere schlaflose Nächte bevorstehen.