Die EU debattiert über den Irak

Die Außenminister beraten ab heute im dänischen Helsingör über die US-Kriegspläne und den britischen Vorschlag eines Ultimatums an Saddam Hussein. Ein weiteres wichtiges Thema wird der Internationale Strafgerichtshof sein

aus Genf ANDREAS ZUMACH

Das Bemühen um eine gemeinsame Haltung gegenüber der Irakpolitik der USA sowie Washingtons Sabotage des Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) bestimmt das heute beginnende Treffen der EU-Außenminister im dänischen Helsingör. Im Vorfeld des Treffens wurde in zahlreichen EU-Hauptstädten der seit Monaten geltende rhetorische Minimalkonsens in der Irakfrage bekräftigt: die Notwendigkeit einer Rückehr der UN-Waffeninspekteure in den Irak. Auch die britische Regierung unterstrich diese Forderung, nachdem die Bush-Administration in den letzten Tage die eventuelle Wiederaufnahme von Inspektionen als irrelevant für ihre Kriegspläne abgetan hatte.

Ob diese Bekundungen auch zu einer gemeinsamen Politik der Europäer – etwa im UN-Sicherheitsrat – führen, wurde von EU-Diplomaten eher skeptisch bewertet. Der außenpolitische Ausschuss des britischen Parlaments plädierte für die Einbringung eines Resolutionsantrages im Sicherheitsrat, in dem der Regierung in Bagdad ein Ultimatum für die Wiederzulassung von Inspektionen gesetzt wird. Die bisherigen Resolutionen des Rates verlangen zwar die „unverzügliche“ Wiederzulassung der Inspektionen, setzen ab keine konkrete Frist. Ein Sprecher der Regierung Blair erklärte, der Vorschlag werde erwogen.

Zum Thema Strafgerichtshof wurden die EU-Außenminister von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) in einem Schreiben aufgefordert, in Helsingör den US-Bemühungen um bilaterale Immunitätsschutzabkommen für ihre StaatsbürgerInnen „eine klare und endgültige Absage zu erteilen“. Das Statut des IStGH biete „keinerlei rechtliche Basis“ für derartige Abkommen, heißt es in dem Schreiben von HRW. Wenn die EU auf die Forderungen aus Washington eingehe, verliere sie ihre Glaubwürdigkeit als ehemals entschiedener Verfechter eines unabhängigen, universell zuständigen IStGH.

Doch ist mit einer klaren Absage der EU an das Ansinnen der USA kaum zu rechnen. Großbritannien votiert – wie bereits bei der Debatte im UNO-Sicherheitsrat Anfang Juli – dafür, den Wünschen der USA „entgegenzukommen“. Die italienische Regierung, die von Washington unter erheblichen Druck gesetzt wird, schließt nicht mehr aus, dass sie – als erstes EU-Land – ein bilaterales Immunitätsschutzabkommen mit den USA abschließt. Die deutsche Bundesregierung, die das Anliegen Washingtons bislang zumindest klar ablehnte, hat sich wegen des Bundestagswahlkampfes in den letzten Wochen kaum für eine klare gemeinsame Haltung der EU engagiert. Und die dänische Ratspräsidentschaft habe beim Thema IStGH „nicht die erhoffte aktive Rolle übernommen“, kritisieren Menschenrechtsorganisationen.

HRW und andere Menschenrechtsorganisationen befürchten, dass die US-Sabotageversuche gegen den IStGH die erste Konferenz der bislang 78 IStGH Mitgliedsstaaten beeinträchtigen könnte, die am Dienstag in New York beginnt.

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