Pleitemacher bekommen zweite Chance

Kinowelt-Beschäftigte wehren sich gegen Wiederverkauf an die alten Inhaber und Verlagerung des Standorts

BERLIN taz ■ Mitarbeiter des insolventen Kinowelt-Konzerns haben in einem zweiten offenen Brief ihr Misstrauen gegen die neuen alten Inhaber, die Brüder Michael und Rainer Kölmel, und deren Unternehmensstrategie bekräftigt. Sie werfen den Gründern des einstigen Stars unter den Medienunternehmen am Neuen Markt „durch Steuergelder geförderten Arbeitsplatzabbau“ vor.

Hintergrund ist die geplante Verlagerung des Firmensitzes von Bayern nach Leipzig, der nach Schätzungen von Betriebsrat Simon Rustemeyer bis zu 60 der derzeit noch 90 MitarbeiterInnen am Standort München betreffen würde. Die Stadtsparkasse Leipzig hat den Kölmels für den Fall des Umzugs gemeinsam mit anderen Banken Kredite in Höhe von rund 23 Millionen Euro zugesagt. Die Kölmel-Brüder hatten insgesamt 32 Millionen Euro für den Rückkauf ihres Medienunternehmens geboten.

„Wir fühlen uns als Spielball für die vielen Verstrickungen, die die Kölmels haben“, sagt Rustemeyer. Die von den Brüdern auf einer Mitarbeiterversammlung gegebene Arbeitsplatzgarantie, mit der sie einen Großteil der Belegschaft „bei der Stange gehalten“ haben, sei offenbar wertlos: Bei der Präsentation der Kölmel-Offerte vor dem Insolvenzverwalter sei diese Arbeitsplatzgarantie plötzlich nicht explizit für den Standort München formuliert und zudem an ein erfolgreiches Insolvenzplanverfahren gekoppelt worden. Dies, so Rustemeyer, könne bis zu sechs Monate dauern: „Die bauen darauf, dass die Leute dann von allein gehen.“

Den Mitarbeitern ist zudem „unverständlich (…), dass die neuen ‚alten‘ Besitzer von ihrer Pleite profitieren“ und nun „die Hauptverantwortlichen für Schulden in Höhe von über 500 Millionen Euro das Unternehmen (…) weiterführen dürfen“. So heißt es jedenfalls in dem offenen Brief.

Kölmel hatte das aus einem Filmvertrieb hervorgegangene Medienhaus 1998 an die Börse gebracht, war dann im großen Stil ins Film- und TV-Rechtegeschäft eingestiegen und hatte das Unternehmen später mit überteuerten Filmeinkäufen in den Ruin geführt.

STEFFEN GRIMBERG